Foto: Andre Zand-Vakili
Foto: Andre Zand-Vakili

Axpo will mit innovativen Konzepten Windenergie beflügeln

Weniger als 50 Turbinen, nicht einmal ein Prozent Anteil am Strommix: Windenergie ist in der Schweiz bisher nur ein Nischenphänomen. Dabei ist das Potential groß, wie Berechnungen des Bundesamts für Energie (BFE) zeigen. Sie prognostizieren bis zu 30 Terawattstunden Strom aus Windkraft pro Jahr. Selbst wenn nur ein Bruchteil umgesetzt wird, bedeutet das viele Chancen für die Energieversorgung in der Schweiz. Die Axpo ist mit ihrer internationalen Expertise bereit, die Umsetzung maßgeblich zu tragen. Doch es ist auch wichtig, Anreize und Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie zu schaffen – hierfür gibt es im Unternehmen ebenfalls innovative Ideen.

Ausbau von Windenergie in der Schweiz: ambitionierte Pläne bis 2050

Windkraft gehört in vielen Ländern zu den Säulen der Energiewende. In Dänemark stammt fast die Hälfte des Stroms aus dieser erneuerbaren Quelle, in Deutschland knapp ein Drittel. In der Schweiz ist die Situation anders. Wasserkraft und Solarstrom sind stark ausgebaut worden, Windenergie spielt jedoch keine Rolle in der Versorgung. Landesweit gab es 2023 gerade einmal 41 Windturbinen, die weniger als ein Prozent zum Strommix beisteuerten. Die Gründe dafür sind vielfältig. So galt Windenergie lange Jahre als nicht rentabel im Alpenraum – das hat sich mit dem technologischen Fortschritt jedoch gewandelt. Dadurch ergibt sich nun ein großes Potential für die Nutzung von Windenergie in der Schweiz. Das BFE revidierte unlängst eine Schätzung aus dem Jahr 2012, die noch von etwa vier Terawattstunden Kapazität im Land ausging. Nun, neue Entwicklungen und Machbarkeiten eingerechnet, sind es bis zu 30 Terawattstunden im Jahr – jeweils bezogen auf den Ausbau bis 2050.

Das heißt: Umweltfreundliche Energie aus Windkraft kann einen beachtlichen Teil des Strombedarfs in der Eidgenossenschaft decken. Cédric Aubert, Head of Wind Development bei der Axpo, rechnet vor: „Das Bundesamt für Energie weist ein Windpotenzial von 29 Terawattstunden aus. Die Branche rechnet mit neun, die tatsächlich auch zu bauen sind. Von diesen wiederum befinden sich zwei bereits in verschiedenen Phasen der Projektierung, 0,2 sind in Betrieb. Bleiben also sieben Terawattstunden. Das ist sehr viel. Es entspräche knapp zehn Prozent des jährlichen Stromverbrauchs der Schweiz.“ Sein Unternehmen, die Axpo, ist europaweit am Ausbau neuer Anlagen für die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen beteiligt. Entsprechend gut ist sie positioniert, um auch den Zubau in der Schweiz mitzugestalten.

800 Windräder für die Schweiz: ein realistisches Ziel

Wie kann der Windenergie-Ausbau in der Schweiz aussehen? Auch hierzu gibt es konkrete Berechnungen. Angenommen, das Potential der Schweiz soll nur zu 30 Prozent genutzt werden – eine realistische Einschätzung unter Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit – ergibt sich ein Bedarf von etwa 1.000 Anlagen. Die wären in der Lage, bis zu neun Terawattstunden Strom im Jahr zu liefern. Erste Projekte sind bereits in Planung, alle Phasen berücksichtigt, ergibt sich daraus ein aktueller Stand von zwei Terawattstunden, die realisiert werden könnten. Das zeigt, dass die Investitionsbereitschaft hoch ist – auch, weil Windkraft in den vergangenen Jahren lukrativ war. Es zeigt aber auch, dass noch mehr Anlagen und Windparks benötigt werden, um die ambitionierten Ziele zu erreichen. Mögliche Flächen dafür gibt es viele. Geeignete Standorte finden sich vom Jurabogen über das Mittelland bis zu den Voralpen und Alpen. Dank moderner Anlagen ist ein leichter Windzug von 5 Metern pro Sekunde schon ausreichend, um Strom zu produzieren. 

Transparenz und Partizipation als wichtige Faktoren für einen erfolgreichen Ausbau

Allerdings lassen sich Windparks nicht am Reißbrett entwerfen und stur umsetzen. Transparente Prozesse sind wichtig, um Akzeptanz zu schaffen. Eine Teilhabe der Anwohnenden gilt als noch besser, um alle von der Windkraft profitieren zu lassen. Das weiß auch Cédric Aubert, dessen neu geschaffene Stelle bei der Axpo daher bewusst auch die Gewinnung von Akzeptanz umfasst. Dieser Aspekt ist dem Branchenexperten besonders wichtig und er weiß über Ressentiments: „Ich kann nachvollziehen, dass Windkraft Veränderung bedeutet und dass es eine Angst vor Veränderungen gibt.“ Er stellt aber auch klar: „Angst ist ein schlechter Begleiter. Nehmen Sie die beiden Initiativen des Vereins Freie Landschaft Schweiz, welche Windräder im Waldgebiet aus Klimaschutzgründen verhindern wollen: Das ist doch absurd. Ein Windrad bringt uns der Klimaneutralität näher als die Bäume, die dafür gefällt werden müssten. Außerdem: Windräder sind sehr ästhetisch!“

Damit vertritt er die gleiche Position wie seine Kollegin Lara Lück, Senior Energy Economist bei der Axpo. Sie ist dafür zuständig, Strategien zu entwickeln, um den Ausbau der Windenergie gemeinsam mit Kommunen, Anwohnerinnen und Anwohnern anzugehen. Verschiedene Ideen sind bereits ausgearbeitet, einige sogar schon erfolgreich im Einsatz – wenn auch im Ausland durch die Axpo-Tochter „Volkswind“. Dazu zählt die Gewinnung regionaler (Klein-)Investoren und -Investorinnen. Oder anders ausgedrückt: Anwohnende investieren Geld in die Anlagen ihrer Nachbarschaft und erhalten entsprechende Renditen. Das ist eine große Chance für alle, wie Lara Lück betont: „Die Einbindung der lokalen Bevölkerung als Investoren erhöht nicht nur die Akzeptanz von Windrädern, sondern verringert auch das Investitionsvolumen, das Axpo aufbringen muss.“

Ein weiteres Instrument, das die Investitionsbereitschaft in Windkraft zusätzlich ankurbeln kann, sind Abnahmeverträge. Auch hier hat die Axpo eine langjährige Expertise, vor allem im gewerblichen Bereich. Abnahmeverträge bedeuten, dass der Preis für eine bestimmte Menge Strom vorab fixiert wird, was die Risiken spürbar senkt. Und es gibt noch einen Vorteil: „Solche Abnehmerverträge mit fixierten Preisen für eine bestimmte Menge Strom ein Ansatz, um Windparks auch ohne staatliche Förderung zu bauen.“, führt Lara Lück aus.

Cédric Aubert betont vor diesem Hintergrund, dass ein großes Portfolio – ganz wie es die Axpo anstrebt – unverzichtbar ist. Es sichert langfristig die Preisstabilität und die hohe Versorgungsqualität. Neben der Windkraft gehören zum Portfolio der Axpo im erneuerbaren Spektrum zum Beispiel Solar- und Wasserkraft. Windkraft ist daher noch aus einem weiteren Grund vorteilhaft – sie steht vor allem im Winter zur Verfügung. Also genau dann, wenn die Ausbeuten aus Wasserkraftwerken und von Solaranlagen ihren Tiefpunkt erreichen. In Fachkreisen wird daher von einer Energielücke im Winter gesprochen. Sie zu schließen, ist eine starke Triebkraft, politisch wie gesellschaftlich. 

Windkraft für mehr Energieautarkie

Darüber hinaus hat die Windkraft einige weitere Vorteile, die sie zur Stütze der Energiewende auch in der Schweiz machen kann. Ein wichtiger Aspekt ist die Autarkie. Noch immer ist die Schweiz im Winter häufig von Stromimporten abhängig. Das bedeutet schwerer kalkulierbare Preise, zudem sind die Energiesektoren verschiedener Nachbarländer im Umbruch. Es lässt sich also nicht sicher sagen, wie viel Strom und zu welchem Preis dieser langfristig aus dem Ausland zur Verfügung steht. Eine eigene Windenergiebranche würde helfen, hier deutlich mehr Sicherheiten zu schaffen. Gerade in Hinblick auf die kalten Monate betont Lara Lück. „Das ist genau in der Zeit, in der wir mehr Strom verbrauchen, zum Beispiel für Beleuchtung und Heizen mit Wärmepumpen.“ Der Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft und die Umstellung der Heiztechnik gehen also Hand in Hand – idealerweise jedenfalls.

Mehr Effizienz, weniger Risiken: Axpo setzt für Windkraft auf moderne Technik

Emissionsfreie Stromproduktion, mehr Kapazität im Winter, Nutzung von natürlich vorhandenen Potentialen: Es gibt viele gute Gründe, warum Vorreiter wie die Axpo auf Windkraft setzen. Den entscheidenden Impuls für mehr Windparks in der Schweiz hat jedoch die Technik geliefert. 

Cédric Aubert macht an einem Beispiel klar, wie groß der Fortschritt tatsächlich ist: „Bis vor 5 Jahren galt, dass es ungefähr 7 Meter pro Sekunde Wind braucht, um wirtschaftlich Energie zu produzieren. Heute brauchen wir noch 5 Meter pro Sekunde. Generell lässt sich im Bereich Windenergie sagen: Was vor zehn Jahren galt, ist heute wohl kaum mehr gültig.“

Gleiches gilt auch für Vorbehalte, die häufig noch aus der Anfangszeit der Windenergieproduktion stammen. So wird häufig angeführt, dass Rotoren eine Gefahr für Vögel sein können. Hier liefern die Hersteller allerdings längst Sicherheitstechnologie. Moderne Windkraftanlagen sind mit Radarstationen ausgestattet, die sich nähernde Vogelschwärme zeigen. Könnte es zur Kollision kommen, werden die Rotoren abgeschaltet. Ähnlich verhält es sich zum Schutz von Fledermäusen, für welche die Anlagen in der Dämmerung zur Sommerzeit kurz zum Stehen kommen.

Die Entwicklung hat auch die Effizienz der Windkrafträder deutlich verbessert. Zurückzuführen ist das mitunter auf höhere Nabenhöhen, sodass Räder mehr Strom produzieren können und zugleich noch zuverlässiger laufen. Ohnehin gibt es auch beim Thema Erzeugungsstabilität spannende Fortschritte. Zwar lässt sich Wind nach wie vor nicht steuern, aber sehr präzise vorhersagen. Cédric Aubert verweist auf diesen weiteren Vorteil: „An den Märkten wird Strom im Viertelstundentakt gehandelt und der Windstrom kann da effizient eingesetzt werden. Wir können sehr gut planen.“ Mit dem Ausbau der Windkraft könnte die Schweiz einem alpinen Nachbarn nacheifern – Österreich deckt im Mittel schon jetzt über zehn Prozent seines Strombedarfs mit Windenergie.