Rainer Bliefernicht und Sandra Klose im wiedereröffneten Sozialkaufhaus. Foto: zv
Rainer Bliefernicht und Sandra Klose im wiedereröffneten Sozialkaufhaus. Foto: zv

Sozialkaufhaus Fairedelt macht Neustart mit rundum neuem Konzept

Harburg - Als um 10 Uhr am Dienstag am Küchgarten das Sozialkaufhaus Fairedelt wieder an den Start ging, standen die Interessenten schon vor der Tür. Nicht nur der Name ist neu - auch das Konzept. Jetzt können nicht nur Bedürftige dort günstig an Kleidung, Möbel oder Hausrat kommen. Auch alle anderen Bürger können bei Fairedelt einkaufen. Dafür gibt es für jedes Teil zwei Preise. Einen für bedürftige Menschen. Den anderen für Normalverdiener. Das ist einzigartig in Hamburg.

Im Januar hatte das Sozialkaufhaus geschlossen. Mit der Wiedereröffnung ist nicht nur das neue Preissystem eingezogen. Das gesamte Konzept ist neu. Während es früher mehr eine Art Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose war, ist es jetzt eine Einrichtung, die bis zu 60 Mitarbeitern einen richtigen Arbeitsvertrag gibt, damit sie bis zu fünf Jahre Zeit haben, um fit für den normalen Arbeitsmarkt zu werden.

Dazu kommt: wer hier arbeiten will, muss sich kümmern, sprich schon bei der Agentur für Arbeit für den Job bewerben. Die zweite Voraussetzung: man muss sechs Jahre lang arbeitslos gewesen sein. So sind bislang längst nicht alle 50 Stellen, die durch hohe Zuschüsse weitgehend finanziert werden, besetzt.

Auch bei Fairedelt angestellt sind fünf Anleitungskräfte, also Betreuer. Sie werden von der Behörde bezahlt. Die Verwaltung dagegen, so wie Geschäftsführerin Sandra Kloke,  muss vom Träger, bis auf eine kleine Pauschale pro Stelle, selbst finanziert werden. Der Träger, IN VIA Hamburg e.V., gehört zur katholischen Kirche, bekommt aber von dort kein Geld und wird wiederum über öffentliche Mittel finanziert.

Selbst erwirtschaften muss das Sozialkaufhaus das Geld für Miete, Strom, Müllabfuhr und ähnliche Dinge. Auch das dürfte mit eine Rolle gespielt haben, als man sich dafür entschied, jedermann dort einkaufen zu lassen.

Das Angebot ist vielfältig. Wer erwartet, dass es eine "Resterampe" ist, wird positiv überrascht. Das Sofa ist genauso zu finden, wie die antik anmutende Holztruhe, die Kristallglasschale, Kindersitze oder Kleidung. Alle Sachen sind tipptopp. "Wir bekommen die Sachen von privaten Spendern, aber auch von Firmen", sagt Kloke. Bei Fairedelt werden alle Sachen geprüft und aufgearbeitet oder gereinigt.

Die Wiedereröffnung selbst war ein Wagnis, wenn auch mit begrenzten Risiken. Schon früh war signalisiert worden, dass es weiter geht. Allerdings zu anderen Bedingungen. "Ich musste zunächst knallhart abwickeln", sagt Kloke. Zunächst habe man nicht auf die noch vage Ankündigung Miet- oder Arbeitsverträge abschließen können. Zwar ist der Vertrag von der Behörde immer noch nicht unterschrieben. Aber die Zusage ist deutlich verbindlicher.

Geöffnet ist Fairdelt von Montag bis Freitag jeweils von 10 Uhr bis 16 Uhr. Die Öffnungszeiten sollen noch erweitert werden - ganz so wie im richtigen Arbeitsleben. zv