Koalitionsvertrag: Darüber stimmen SPD und CDU in Harburg ab

Rathaus2Harburg – Visionen für die Zukunft Harburgs sollen andere entwickeln, SPD und CDU setzen in ihrem Koalitionsvertrag für die kommenden fünf Jahre lieber auf „politische Verlässlichkeit“.

Die sei nötig, denn es habe in den vergangenen Jahren viele gute Entwicklungen gegeben, „die zum Teil aber noch nicht abgeschlossen sind und fortgeführt werden müssen“, heißt es in der Präambel des Vertrags. Und deshalb wolle man gemeinsam „die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen“ dafür schaffen. Also: 33 Stimmen in der Bezirksversammlung für ein entschiedenes „Weiter so!“ Trotz ihrer erdrückenden Mehrheit lässt die GroKo noch genug Platz für eine kreative Opposition.

Vieles vom GroKo-Wunschzettel kommt einem bekannt vor, ja sogar die Ergebnisse des eher misslungenen Innenstadtdialogs werden berücksichtigt: So soll alles getan werden, die Harburger Innenstadt neu zu beleben, dafür müssen aber auch Ewig-Schandflecke wie das Harburg-Center oder der marode „Schweizer Hof“ in der Moorstraße verschwinden. Zitat: „Da diese Objekte schon seit Jahren einer positiven Entwicklung dieses Bereichs entgegenstehen, erwarten die Koalitionspartner, dass alle rechtlichen Möglichkeiten geprüft und genutzt werden, um diese Gebäude oder Grundstücke ebenfalls positiv zu entwickeln.“

Erstaunlich deutlich sind die neuen politischen Freunde bei Neuländer Quarree geworden: „Das Projekt wird kritisch gesehen.“ Wohnungsbau auf dieser Fläche werde es ohne den mindestens gleichzeitigen Bau der gewerblichen Mantelbebauung zur Hannoverschen Straße und der dahinter liegenden Bahnlinie sowie in südlicher Richtung zur Firma Brenntag nicht geben. Baudezernent Jörg Penner glaubt im Übrigen nach wie vor an das Projekt: „Es ist kompliziert, aber gebe ihm noch eine Chance.“

Nach CDU-Chef Ralf-Dieter Fischers heftiger Kritik an der geplanten Bebauung auf dem Röttiger-Gelände kommt die Vereinbarung „der Bebauungsplan NF66 wird nicht geändert“ einigermaßen überraschend. Fischer bekommt seinen Willen dennoch, wenn auch durch die Hintertür: Ohne Änderung des B-Plans soll nämlich die Anzahl der Wohneinheiten um rund 100 auf 685 bis 690 begrenzt werden. Um im Soll des Wohnungsbauprogramms zu bleiben, werden „an geeigneter Stelle im Bezirk Harburg“ genau diese 100 Wohnungen zusätzlich gebaut – „weit weg von Herrn Fischer“ wird mancher Kritiker jetzt sagen...

Aber Fischer hat sich noch stärker durchgesetzt, so wird es auf dem Plateau in der Mitte des Geländes keine Gebäude geben, die mehr als fünf Geschosse haben. Das geplante markante Solitär-Gebäude am Rand des Naturschutzgebiets wird sogar auf vier Geschosse begrenzt. Schade, ein wenig mehr weithin sichtbare mutige Architektur hätte dem Wohnquartier am Stadtrand gut zu Gesicht gestanden.

Und selbst Fischers Widerstand gegen die Auflösung eines Sportplatzes und die verkehrliche Anbindung der Uwe-Seeler-Sporthalle durch die Siedlung (statt direkt von der B73) sollen noch einmal unter die Lupe genommen werden.

Ein gemeinsamer Wusch war dagegen das Veto gegen einen Logistikpark zwischen der Sandbek-Siedlung und Neu Wulmstorf. Jetzt soll hier ein Gebiet für Gewerbe und Wohnen entstehen. Dieser Wunsch war – wie auch die Reduzierung der Wohneinheiten im Röttiger-Gebiet – bisher am Widerstand der mächtigen Fachbehörden gescheitert. Schon während der Koalitionsverhandlungen war zu hören, dass solch strittigen Punkte vorher mit den Fachbehörden geklärt worden sind.

Dazu gehört wohl auch die Ankündigung, für die Bremer Straße sowie die B73 zwischen Hannoverscher Straße und Krankenhaus Mariahilf eine neue Fahrbahndecke mit Flüsterasphalt zu spendieren.

Und auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie dem Stellwerk, der Fischhalle vom Hafenbarden Werner Pfeifer, der Geschichtswerkstatt, dem Freibad Neugraben, dem Rieckhof, dem Feuervogel und dem Kulturhaus Süderelbe wird die weitere Unterstützung zugesichert.

Wer allerdings erwartet hat, dass SPD und CDU die Kritik der vergangenen Wochen ernst nehmen und neue Konzepte für eine bessere Information und mehr Teilhabe der Bürger an wichtigen Entscheidungen anbieten, muss enttäuscht sein. Also „Weiter so!“ in den kommenden fünf Jahren? Macht das Ungeheuer GroKo, was es will?  Ein einzelner Satz auf Seite 13 des Koalitionsvertrags spendet Trost: „Es ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie die Beteiligung von Bürgern weiterentwickelt oder in anderer Form verstärkt werden kann.“  Die SPD stimmt am Freitag über den Koalitionsvertrag ab, die CDU in der kommenden Woche. ag