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Das Hamburger Rathaus, in dem die alte und neue Koalition regiert. Foto: André Zand-Vakili

Koalitionsvertrag von SPD und Grünen hat Harburg kaum im Blick

Harburg – Die ganze Stadt im Blick? Bei einer ersten Durchsicht des Koalitionsvertrag von SPD und Grünen für die kommenden fünf Jahre fällt auf,

dass der Süden der Stadt eher mit ein paar Allgemeinplätzen  erwähnt wird. Eine zündende Idee ist jedenfalls nicht dabei.

Man wolle den Sprung über die Elbe vollenden, heißt es. Und den Binnenhafen zu einem Hot Spot modernen Wohnens und Arbeitens machen. Dazu sollen „städtebauliche Lücken geschlossen“ werden. Und dann? „Eine Lösung für eine bessere Anbindung des Harburger Binnenhafens und der Harburger Innenstadt wird entwickelt und die bisherige Trennwirkung von Bahnlinie und B73 langfristig aufgehoben.“ Langfristig! Nicht kurz oder mittelfristig! Ist das schon ein Hinweis darauf, auf was wir in Nach-Corona-Zeiten alles verzichten müssen?

Dafür werden Heimfeld 54 und Neuland 23 wie geplant umgesetzt. Also: Das Daimler-Werk in Bostelbek wird erweitert, auf das benachbarte Moor wird dafür zugeschüttet. Und auch der Logistikpark an der Autobahnanschlussstelle in Neuland wird gebaut, nur eben nicht für DHL, sondern für andere Interessenten. So neu ist das alles allerdings nicht.

Und was wird denn nun aus der B73, wenn die A26-Ost gebaut wird? Umweltsenator Jens Kerstan hatte schon den Rückbau der „Cuxe“ verkündet. Im Koalitionsvertrag klingt das ein wenig anders: „Die B73 wird von einer Bundesstraße zu einer städtischen Hauptverkehrsstraße abgestuft und mit Hilfe des Magistralenkonzepts städtebaulich aufgewertet werden. In diesem Rahmen soll auch geprüft werden, an welchen Stellen diese Straße auch zweispurig zurückgebaut werden kann.“ Es wird also nur geprüft. Und wenn  Rückbau, dann nur an einigen Stellen. Das alles, um vor allem „Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr, für die Verkehrssicherheit und für die Stadtentwicklung in Harburg“ zu erreichen.

Apropos Verbesserungen: Wer eine Mobilitätswende will und dafür sogar einen eigenen Senator bestellt, wird auch den Öffentlichen Personennahverkehr stärken wollen. Im Koalitionsvertrag wird das Problem des Hamburger Südens auch klar benannt: „Die Situation der S-Bahn ist in hohem Maße verbesserungsbedürftig.“  Deshalb wird angekündigt, mit der S32 eine dritte S-Bahn-Linie einzurichten, die bis Harburg mindestens im 10-Minuten-Takt fährt.“ Übrigens: Im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen für die Jahre 2016 bis 2020 hieß es: „Die Verstärkung des S-Bahn-Angebots nach Harburg ist in jedem Fall sicherzustellen.“

Schon gibt es Kritik aus den eigenen reihen. Der SPD-Bezirksabgeordnete Frank Wiesner sagt: „Schade ist, dass die angedachte Verkehrswende zumindest im Hamburger Süden in den kommenden fünf  Jahren nicht wirklich vorankommt. Den S-Bahnverkehr stabil mit Langzügen zu fahren und die S32 bis Harburg aufs Gleis zu bringen, ist eher heute als morgen notwendig.“ Vor allem aber vermisst Wiesner ein paar Worte zur Verlängerung der U4 oder gar zu einem S-Bahn-Ring mit einem neuen Elbtunnel.

Ein Trauerspiel aus Harburger Sicht ist schließlich der Verzicht auf eine Absichtserklärung, die Förderung der Stadteilkultur im Bezirk auf das Niveau der anderen sechs Bezirke anzuheben. Wie berichtet wird Harburg pro Einwohner nicht einmal die Hälfte der Summe zugeteilt, die im Rest der Stadt ausgeschüttet wird. Die Begründung dafür ist hanebüchen: Das sei im Laufe der Jahrzehnte so gewachsen.

Ein paar Rosinen finden sich dann doch noch im Vertrag: Weil regionale Vermarktung ja durchaus nachhaltig sein kann, soll der Fortbestand der Hamburger Wochenmärkte „abgesichert“ werden.

Ob die Ankündigung, in Hamburg 20 neue Zonen für Bewohnerparken einzurichten auch in Harburg ankommt, hängt wohl auch vom Einsatz der Bezirkspolitiker ab. Bisher hat sich allerdings die Harburger SPD diesem Thema nur sehr halbherzig angenommen. Es gab zwar einen Antrag, er blieb aber bis heute ohne erkennbare Folgen. ag