Politik lässt Harburgs Kulturbeirat links liegen

130308KunstHarburg –  Kultur verbindet und schafft Beziehungen. Deshalb spielt sie in der Entwicklung Harburgs eine besondere Rolle. Sagen die Politiker.

Und nun? Vor allem die SPD, die als Mehrheitsfraktion in der Bezirksversammlung ohne Rücksicht auf einen Koalitionspartner eigene Akzente setzen könnte, tut sich schwer, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Jüngstes Beispiel: der Kulturbeirat.

Wenn die Kultur in Harburg tatsächlich eine besondere Rolle spielt und sie ein wichtiger Standortfaktor (ja, auch das wurde schon mehrfach gesagt) ist, dann müsste es doch eigentlich einen eigenen Fachausschuss dafür geben. Stattdessen musste die Kultur in Harburg in einem Ausschuss unterschlüpfen, der von Insidern gern als „Sammelausschuss für alles, was übrig geblieben ist“ bezeichnet wird. Unter Vorsitz von Heinz Beeken (SPD) wird hier alles behandelt, was mit Bildung, Sport, Stadtteilentwicklung und auch Kultur zu tun hat.

Das kann doch nicht alles sein? Stimmt! Und deshalb gab es die Initiative, einen Kulturbeirat zu gründen. Siegfried Bonhagen (CDU) hielt „ein weiteres Gremium“ zwar für wenig zweckdienlich, trotzdem war man sich schnell einig: Ja, wir gründen einen Kulturbeirat, und SuedKultur, der Zusammenschluss des bunten Haufens von Künstlern und Kulturschaffenden aus dem Hamburger Süden ist unser Partner.

So weit, so gut? Wohl kaum! Denn ab jetzt wurde „verwaltet“.  Holger Reinberg, Fachamtsleiter Sozialraummanagement, formulierte in einer Vorlage für den Ausschuss, wie er sich den Beirat vorstellt: „SuedKultur hat da Recht, Themen in den Ausschuss einzubringen.“ Sie müssen allerdings 14 Tage vorher angemeldet werden. Engagierte Bürger schaffen das auch ohne Beirat, sie müssen die Politiker nur eine Weile nerven. Nächster Punkt: „Es steht allen Mitgliedern von SuedKultur frei, am öffentlichen Teil der Ausschusssitzungen teilzunehmen.“ Was für ein Zugeständnis! Denn es steht jedem Bürger frei, dort teilzunehmen... Allerdings dürfen die Kultur-Lobbyisten nur zu Themen reden, die sie 14 Tage vorher angemeldet haben. Da sind Isabel Wiest und ihre Mitstreiter aus der Jägerstraße/Vogteistraße schon weiter. Sie erkämpfen sich ihr Rederecht immer wieder, auch wenn es die Geschäftsordnung eigentlich  nicht vorsieht. Zur Not hilft gelegentlich lautstarke Empörung...

Ach so: SuedKultur „darf“ auch Mitglieder des „Sammelausschusses“ und auch Mitarbeiter der Verwaltung zu ihren eigenen Sitzungen einladen. Das konnten sie auch schon vorher. So zog denn auch Sabine Boeddinghaus von der Linken ein ernüchterndes Fazit: „Ich glaube, SuedKultur hat sich diesen Beirat anders vorgestellt.“ Egal, SPD, FDP und Grüne stimmten der Vorlage von Reinberg zu. Und SuedKultur blieb diplomatisch und äußerte sich optimistisch über die künftige Zusammenarbeit.

Das war es denn auch. Der Ausschussvorsitzende verzichtet bis heute darauf, Heiko Langanke als Vertreter von SuedKultur zu den Sitzungen einzuladen. Über die Tagesordnung kann er sich meistens erst zwei Tage vor der Sitzung im Internet informieren.

Trotzdem ist Heinz Beeken ganz zuversichtlich: „Der Beirat funktioniert. Herr Langanke war in der letzten Sitzung da und hat zugehört.“ Beeken sagt aber auch, dass er mehr erwartet hatte. SuedKultur solle nun auch mal Themen einbringen, das sei bisher nicht geschehen. Beeken: „Dafür muss man aber Verständnis haben. Das wird sich alles einspielen.“

Heiko Langanke sieht da offenbar ein wenig differenzierter: „Es ist für uns weniger von Bedeutung, mit am Tisch der Politik sitzen zu dürfen. Wir sehen in dem Beirat eher eine Chance für die Politik, zur Bodenhaftung zu gelangen – also in unserer beratenden Funktion. Mir scheint, dass da etwas untergegangen ist. Vieles, was im parteipolitischen Schauspiel durchaus Bedeutung haben mag, würde in einem kulturellen Theater nie auf die Bühne gebracht werden.“

Für SuedKultur stehe die „ganz pragmatische“ Arbeit im Vordergrund. Da gehe es um Räume wie dem Hans-Fitze-Haus, der Alten Polizeiwache, Marias Ballroom, dem Rieckhof und um öffentliche Plätze, um Werbung für SuedKultur oder die MusicNight, aber auch um Finanzen wie beim Rieckhof, der KulturWerkstatt und den Toiletten fürs Stellwerk.

Langanke: „Politik hat da den Blick verloren. Oder nie gehabt. Politik geht es in erster Linie um Klientel-Lobbyismus, interne Prinzipien und Gehorsam. Uns um Ideen, Kreativität, Lust und Lebensqualität. Es mag arrogant klingen, aber Politik hat uns mehr nötig als wir sie. Daher bieten wir den Beirat lediglich an.“ Im Übrigen stamme die Idee für einen Beirat nicht von SuedKultur. Diese Idee habe die Verwaltung gehabt. ag