Über 200 Coronafälle im Landkreis Harburg: So arbeitet die Verwaltung
Zweimal täglich gibt es einen Lagebericht im Krisenstab an dem auch Landrat Rainer Rempe (Dritter von rechts) teilnimmt. Foto: Landkreis Harburg

Über 200 Coronafälle im Landkreis Harburg: So arbeitet die Verwaltung

Landkreis Harburg - In dieser Woche gab es im Landkreis Harburg nach einem erst leichten Anstieg der Zahlen am Montag und Dienstag

einen erheblichen Zuwachs am Mittwoch um 40 Personen, bei denen eine Coronainfektion nachgewiesen wurde. Erstmals ist eine einzelne Einrichtung stark betroffen: In einer Flüchtlingsunterkunft wurden insgesamt 22 Fälle festgestellt. „Das zeigt deutlich, dass es für Trendaussagen noch zu früh ist“, macht Landrat Rainer Rempe deutlich.

Am 1. April waren 208 Fälle von Corona im Landkreis nachgewiesen. Auch wenn die Zahlen der nachgewiesenen Fälle immer weiter ansteigen – auch die Zahl derer, die bei den nachgewiesenen Fällen mitgezählt werden, inzwischen aber wieder genesen sind, wächst ebenfalls. Am 1. April waren es 43 Personen. Insgesamt 478 Personen befinden sich aktuell in Quarantäne.

Gemessen an der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommunen verteilen sich die erfassten Fälle relativ gleichmäßig über den Landkreis Harburg. „Die Situation ist derzeit noch gut beherrschbar, aber wir müssen weiterhin von Tag zu Tag schauen, wie sich die Lage entwickelt“, sagt Rempe zum aktuellen Stand.

Um die Aufgaben im Zuge der Corona-Pandemie zu bewältigen, wurde das Gesundheitsamt in den vergangenen zwei Wochen um 24 Mitarbeiter aus anderen Abteilungen, aber auch durch Neueinstellungen von Fachpersonal verstärkt. Die Aufgaben sind vielfältig: Das Team nimmt per Anruf oder Fax die Befunde oder Verdachtsmeldungen von Ärzten entgegen, veranlasst Abstriche für Tests und spricht für zwei Wochen Quarantäne aus. Außerdem halten die Mitarbeiter telefonischen Kontakt zu Betroffenen, bis die Quarantäne aufgehoben wird.

Mit einem mobilen Team werden täglich 20 bis 40 Abstriche bei Betroffenen zu Hause durchgeführt und auch die Recherche nach Kontaktpersonen gehört zu den Aufgaben des Gesundheitsamts. „Im Regelfall bitten wir die Betroffenen, ihre Kontakte selber aufzulisten und uns zuzuschicken. Das funktioniert sehr gut“, so Astrid Schwemin, leitende Amtsärztin. Die Verfolgung der Infektionsketten ist weiterhin ein wesentlichesr Ansatz im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus. Wenn Kontaktpersonen in anderen Landkreisen wohnen, informieren ihre Kollegen das dortige Gesundheitsamt.

In den beiden Testzentren im Landkreis Harburg in Buchholz und Winsen läuft der Betrieb seit der Eröffnung vor knapp zwei Wochen reibungslos, insgesamt wurden dort bislang 562 Abstriche nach vorheriger Terminvergabe durchgeführt. Ankommende Personen melden sich am Fenster und registrieren sich mit Personalausweis und Krankenversicherungskarte. Erst danach geht die Person zum Arzt in den Container. Bei den Voraussetzungen für einen Test gilt derzeit die Maßgabe, dass die Person Kontakt zu einem nachweislich an Corona Erkrankten hatte und Symptome zeigt.

„Ein Test bei Symptomfreiheit liefert kein belastbares Ergebnis. Vor dem Ausbruch der Krankheit kann es durchaus negative Testergebnisse geben, obwohl eine Infektion vorliegt. Die Viren lassen sich dann noch nicht über einen Abstrich nachweisen“, so Schwemin. In den Testzentren arbeiten jeweils ein Arzt und eine Medizinische Fachangestellte unter Vollschutz. Der Abstrich erfolgt über den Rachen und gegebenenfalls zusätzlich über die Nase. Der Vorgang dauert nur etwa fünf Minuten. Mit den Ergebnissen aus dem Labor kann derzeit innerhalb von einem bis drei Tagen gerechnet werden – je nach Labor und Auslastung.

Die erfassten Corona-Fälle mit einem schweren Verlauf, bei denen die Betroffenen eine Behandlung im Krankenhaus benötigen, sind derzeit noch vergleichbar niedrig – aktuell werden acht Personen im Krankenhaus behandelt. „Wir müssen aber im Blick haben, dass diese Zahl steigen wird und ein Handeln erforderlich macht“, sagt Landrat Rempe. Gemeinsam mit den Krankenhäusern, den Reha-Kliniken und Hilfsorganisationen im Landkreis arbeitet er daran, dass die medizinische Versorgung derBürger im Landkreis auch bei steigenden Fallzahlen sichergestellt ist. In Kürze soll ein entsprechendes Konzept stehen und vorgestellt werden.

Die aktuelle Lage im Blick hat der Krisenstab der Kreisverwaltung, der seine Arbeit am 18. März aufgenommen hat und dafür die Sitzungsräume im Kreisgebäude nutzt, in denen sonst Ausschüsse tagen oder Veranstaltungen durchgeführt werden. Hier geht es um Fragen wie: Wie entwickeln sich die Fallzahlen? Wie sieht die Lage in den Krankenhäusern aus? Sind genügend Schutzartikel vorhanden, wie lange reichen die Vorräte noch und wo ist Nachschub zu bekommen? Wo muss personell nachgesteuert werden? Wie lang sind die Wartezeiten im Telefonservice?

Insgesamt 35 Landkreis-Mitarbeiter sowie Fachberater der Hilfsorganisationen sind im Krisenstab in zwei Schichten im Dienst. Außer den Kräften, die direkt zum Krisenstab gehören, unterstützen zahlreiche weitere Mitarbeiter der Kreisverwaltung die Stabsarbeit zu einzelnen Sachbereichen. Täglich finden zwei Lagebesprechungen statt, zu denen auch Vertreter der Polizei und der Bundeswehr anwesend sind. „Eine große Herausforderung für den Krisenstab ist derzeit die Beschaffung von Materialien wie OP-Masken, Hygieneartikeln und Schutzanzügen“, so Landrat Rempe.

Er befindet sich nach Angaben der Verwaltung zu diesem Thema in engem Austausch mit den zuständigen Ministerien auf Landesebene. Seit Kurzem werden die Bedarfe aller medizinischen und pflegerischen Einrichtungen zentral beim Landkreis erfasst, um diese dann gebündelt beim Land zu bestellen. Gleichzeitig hat man so einen noch besseren Überblick über die Gesamtsituation, die weiterhin angespannt bleibt.

Rempe ist in diesen Tagen froh, eine intakte und gut funktionierende Kreisverwaltung hinter sich zu wissen. Am Wichtigsten bleibe weiterhin, dass sich alle dafür einsetzen, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und die Infektionsketten zu durchbrechen. wg