Ehestorfer Heuweg: Geplante Vollsperrung schlimmer als befürchtet

Hausbruch - Auf einer Veranstaltung in der Rudolf Steiner Schule hat eine Vertreterin des Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) die

Auswirkungen der ab März 2019 geplanten neunmonatigen Vollsperrung des Ehestorfer Heuwegs für die Anlieger skizziert. Gekommen waren zu der Veranstaltung neben Lehrern, Eltern und Schülern auch viele Anlieger, die die Gelegenheit nutzten, vor der erst im Januar geplanten offiziellen Informationsveranstaltung schon einmal ins Bild gesetzt zu werden. Die Zuhörer reagierten teilweise entsetzt. Niemand hatte geahnt, was auf sie zukommt.

„Wenn das wie jetzt angekündigt kommt, kann ich meinen Laden zumachen“, sagt Thomas Soltau, Betreiber vom Landhaus Jägerhof. Das traditionsreiche Haus am Ehestorfer Heuweg, dass nur ein Stück von der Cuxhavener Straße entfernt liegt, wäre durch die Sperrung, die zwischen B73 und Wunsberg, wie abgeschnitten. Das Problem: Die Straßen, die vom Ehestorfer Heuweg abgehen, sind in der Regel Sackgassen. Die sperrung ist nicht zu umfahren. An ihr liegen die Schule, drei Gastronomiebetriebe, Anwaltskanzleien, kleine Firmen und natürlich die Wohnorte von mehreren hundert Menschen.

Ab März wird man dort ein echtes „Sperrgebiet-Gefühl“ bekommen, so wie es bis zum Mauerfall DDR-Bürger in dem abgeriegelten fünf Kilometer breiten Streifen zur Grenze hatten. Anwohner des Ehestorfer Heuweges können ab März nur mit Passierschein durch den Baustellenbereich fahren. Besucher müssen sich anmelden. Geht man ins Detail, wirken die Vorstellungen, die man beim LSBG hat, grotesk. Besucher sollten sich verabreden, damit sie alle gleichzeitig an der Durchlassstelle sind, von der aus sie in den Baustellenbereich geführt werden können. Das gleiche gilt für Paketboten, Lieferanten der Gastronomie, die im übrigen, wie Soltau erklärt, von verschiedenen Firmen stammen.

Geradezu lebensfremd wird wird es, wenn es um die Schule geht. Dann möchte der LSBG, so ist es von Teilnehmern der Veranstaltung überliefert, dass die Schüler durch einem Bus-Shuttle vom S-Bahnhof Neuwiedenthal aus zur Schule gebracht werden. Dass es um über 500 Schüler geht, die zu verschiedenen Zeiten gefahren werden müssen, dass Eltern kleinere Schüler oder Vorschüler ihre Kinder begleiten, dass viele Schüler nicht von der nördlichen, sondern südlichen Seite des Ehestorfer Heuwegs kommen und dann über einen riesigen Umweg zu dem Bus gebracht werden müssten, war, so der Eindruck der Zuhörer, noch kein Punkt in den Gedankenspielen des LSBG gewesen. Auch wie viele Busse oder wie oft ein Bus eingesetzt werden müsste, um alle Schüler zur Schule zu bringen, erfuhr man nicht.

Als ein Grund für die umfangreichen Arbeiten wird vom LSBG die „Entschärfung eines Unfallschwerpunktes“ angegeben. Die Geodaten der Polizei über schwerere Verkehrsunfälle mit leicht, schwer oder gar tödlich Verletzten, gibt dieser Argumentation keine Unterstützung. Im vergangenen Jahr gab es danach keinen Unfall dieser Kategorie auf der gesamten Strecke. Im Zufahrtsbereich von der B73 wurden zwei Verkehrsunfälle mit Leichtverletzten registriert, bei denen in keinem Fall ein Fußgänger oder Radfahrer beteiligt war. 2016 wurde ein Verkehrsunfall auf dem Ehestorfer Heuweg registriert, bei dem in Höhe des Landhaus Jägerhof ein Radfahrer schwerer verletzt wurde. Ansonsten wurden ein Unfall im Zufahrtbereich von der B73 festgestellt, bei dem es einen Leichtverletzten gab.

Laut Zuhörern wurde von der Vertreterin des LSBG ein Verkehrsunfall als Argumentationshilfe angeführt, der sich vor rund zehn Jahren auf dem Ehestorfer Heuweg ereignet habe. Danach waren damals zwei Radfahrer im Gegenverkehr mit den Lenkern kollidierten. Es erignete sich eine folgenschwere Kettenreaktion.

Vermutlich wäre der Umbau der Strecke noch kein Thema, wenn der Ehestorfer Heuweg nicht die wichtige Ausweichstrecke während der Bauarbeiten auf der A7 vor dem Elbtunnel wäre, die 2019 beginnen. Bis dahin, so hatte es der beim LSBG angesiedelte Verkehrskoordinator der Fachbehörde, Carsten Butenschön, auf der Monatsveranstaltung des Wirtschaftsvereins erklärt, müssten die Arbeiten auf allen Ausweichstrecken fertig sein, damit das ganz große Verkehrschaos ausbliebt. Nur im kommenden Jahr, so Butenschöne, gebe es das "Zeitfenster", an dem die Arbeiten möglich seien.

Beim Ehestorfer Heuweg gibt es laut Butenschön ein Problem, das die Vollsperrung begründe und nicht wegzudiskutieren sei. Das ist die Breite der Fahrbahn. Hier gelten die Bestimmungen des Arbeitsschutzes. Die schreiben einen Mindestabstand zur Baugrube vor und werden durch die EU noch einmal verschärft. Deshalb ist bereits jetzt der Ehestorfer Heuweg wegen der aktuell dort stattfindenden Leitungsarbeiten gesperrt.

Dass der Ehestorfer Heuweg nicht in Etappen, sondern ab März ganz gesperrt werde, begründete die Vertreterin des LSBG auf der Veranstaltung in der Waldorfschule mit den im Rahmen der Baumaßnahmen stattfindenden Sielbauarbeiten, die an einem Stück durchgeführt werden müssten.

{image}Während Harburgs Politik erst jetzt durch den Auftritt von Thomas Soltau in der Fragestunde der Bezirksversammlung thematisch „aufgewacht“ ist, beschäftigt sich der Bürgermeister von Ehestorf, Axel Krones (Foto) von der CDU bereits länger mit dem Problem. Er führt an, dass nicht nur die direkten Anlieger, sondern die Wirtschaft rund um die Baustelle bereits jetzt schmerzliche Einbußen haben. Betroffen seien davon der Wochenmarkt in Neugraben, der Wildpark, der Kiekeberg, die Einbußen von 20 bis 40 Prozent verkraften müssten. Krones hat deshalb bereits in der Vergangenheit mehrfach mit dem LSBG Kontakt gehabt. Der sei ergebnislos geblieben. „Wir haben Lösungsvorschläge gemacht, auf die nicht einmal geantwortet wurde“, sagt Krones. „Vom LSBG gibt es die Ansage, dass es keine Alternative zu der Vollsperrung gebe.“ zv