Heimlichtuerei um Studentenheim an der Schwarzenbergstraße

130911StBau1Harburg – In der Baulücke Schwarzenbergstraße 33 soll ein Studentenheim mit 45 Wohnungen und 35 Stellplätzen auf zwei Parkdecks entstehen. Davon hätte die Öffentlichkeit so

schnell nichts erfahren, denn  die Pläne des Architekten sind am 5. Juni im vertraulichen Teil des Regionalausschusses Harburg vorgestellt worden. Und offenbar von den Politikern auch durchgewinkt worden. Das bestätigt jedenfalls Bezirksamtssprecherin Bettina Maak auf Anfrage von harburg-aktuell.

Das Bezirksamt hat darauf am 2. Juli – also mitten in den großen Ferien der Hamburger Schulen – drei unmittelbare Nachbarn über das 130911StBau2Vorhaben informiert und ihnen genau zwei Wochen Zeit gegeben, mögliche Einwände schriftlich einzureichen. Inzwischen hat sich das Vorhaben in der Nachbarschaft herumgesprochen, eine ganze Reihe der Anwohner sind schwer verärgert: „Wieso erfahren wir so etwas nur per Zufall?“, fragt einer. Jetzt haben sich die Leute aus der Schorchtstraße und auch aus der Schwarzenbergstraße getroffen. Sie wollen in der nächsten Sitzung der Bezirksversammlung eine Unterschriftenliste gegen das Projekt überreichen.

Was haben sie eigentlich gegen ein neues Studentenheim? harburg-aktuell hat sich vor Ort umgesehen: Es geht den Schwarzenberg hoch, gleich links nach der Dialysepraxis fällt der Blick auf einen Parkplatz. Und dahinter, ein wenig tiefer gelegen, geht es ab in Harburgs Vergangenheit. Eine weiße Häuserzeile, mit fast winzigen Bauten. Gäbe es hier im Süden Hamburgs Touristen, wäre die Schorchtstraße eine „Sehenswürdigkeit“.

Immerhin stehen die Häuser, die höchstwahrscheinlich um die Mitte des 19-Jahrhunderts entstanden sind, unter Denkmalschutz. Als die Häuser gebaut wurden, hieß die Schorchtstraße noch 2. Bergstraße, und die Schwarzenbergstraße hieß 1. Bergstraße und war der Postweg nach Stade. Der Denkmalschutz nützt dem historischen Ensemble offenbar gar nichts. In absehbarer Zeit wird das Studentenheim den Blick versperren.

Architekt Egbert Oest hätte auch ohne Zustimmung der Politiker einen positiven Vorbescheid für seinen Bau bekommen können – wenn er sich strikt an die Vorschriften des gültigen Bebauungsplans Harburg 42 gehalten hätte. Aber das machen eigentlich nur wenige. Fast immer werden Ausnahmen, sogenannte „Befreiungen“, beantragt. Sind sie gravierend, wird die Politik eingeschaltet. Das ist in diesem Fall geschehen. In ihrem Schreiben an die drei Nachbarn nennt das Bezirksamt insgesamt 13 Befreiungen – unter anderem „das Überschreiten der Vollgeschosse“ (statt erlaubten vier sind fünf geplant) und „das Überschreiten der Baugrenze auf einer Länge von 16,50 Metern“.

Die Anwohner sehen schon einen riesigen Klotz vor ihrer Tür entstehen, der ihnen den Blick versperrt. Außerdem fürchten sie eine Zunahme des Verkehrs wegen der zwei Parkdecks. „Und die hoppeln dann alle über das historische Kopfsteinpflaster“, sagt ein Nachbar. Er fragt sich, ob man die Zufahrten nicht zur Schwarzenbergstraße verlegen könnte. So ganz genau kennt aber keiner die Pläne. Auch deshalb hat Barbara Thies aus der Schorchtstraße Nummer 50 einen Anwalt eingeschaltet. Und im Namen der Anwohner will sie auch von der Politik wissen, was sie da entschieden hat. Deshalb gehen jetzt Schreiben an die Fraktionen raus. Am 24. September schließlich wollen sie alle zum ersten Mal in ihrem Leben zur Bezirksversammlung und die Bürgerfragestunden nutzen, ihre Bedenken vorzubringen.

Architekt Egbert Oest wundert sich eher über den Aufschrei der Nachbarschaft: „Das sind doch alles nur geringe Befreiungen. Vor allem überschreitet der Bau die Höhe der Nachbargebäude nicht. Er schließt auf gleicher Höhe an das Haus Nummer 31 an.“  Auch die Kritik an der Zufahrt „über das Kopfsteinpflaster“ zu den Parkdecks könne er entkräften: „Wir haben da einiges gegenüber den ursprünglichen Plänen geändert.“ Ein Parkdeck erhalte tatsächlich eine Zufahrt von der Schwarzenbergstraße, und die Zufahrt über die Schorchtstraße werde so verlegt, dass sie nicht über das Kopfsteinpflaster führt.

Aber was ist mit dem Denkmalschutz? „Erschlägt“ der neue Bau nicht die vergleichsweise winzigen Häuschen aus dem 19. Jahrhundert? Oest: „Ganz bestimmt nicht.“ Dagegen sei ein Neubau in der Bennigsenstraße an der Rückseite der historischen Zeile tatsächlich  eine Sünde. Der Bau sei völlig überdimensioniert. ag