Harburgs GroKo kuscht vor Hamburgs Behörden

150107SpeicherHarburg –  Während die Sozialbehörde einen Standort nach dem anderem für die Unterbringung von Flüchtlingen in Harburg benennt und die Not in den

Unterkünften eher größer wird, nimmt die Debatte darüber in der Bezirksversammlung groteske Züge an. Die Grünen hatten eine Forderung von der GroKo und anderen aufgenommen und den Antrag gestellt, der Bezirk dürfe künftig auf eigene Verantwortung die Standorte aussuchen und dabei auch Sozialdaten des Umfelds berücksichtigen. Eigentlich ein Selbstgänger, oder?

Im Gegenteil, der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Begründung? Fehlanzeige, nur SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath ging in die Bütt, um zu sagen: „Auch wir sind mit den Entscheidungen der Fachbehörden nicht immer zufrieden.“ Das hatte vor Wochen noch ganz anders geklungen, und auch die CDU beißt sich lieber auf die Zunge, als die Senatoren des Koalitionspartners zu verärgern. Ist das GroKo bald überall?

Natürlich kommen nach wie vor viele Flüchtlinge nach Hamburg und längst nicht immer sind die Verhältnisse in der Zentralen Erstaufnahme und in den öffentlich-rechtlichen Folgeunterkünften zufrieden stellend. Da sei es doch gut, so Heimath, dass die Zuständigkeiten eindeutig geregelt sind. Dass dabei auch dauernd die Rechte des Bezirks mit Füßen getreten werden, erwähnte Heimath nicht. Schließlich vergaloppierte er sich auch noch in der Wortwahl. Die Grünen hatten das Wohnschiff im Binnenhafen mit der „Bibi Altona“ verglichen, die als Zentrale Erstaufnahme bis 2006 in Altona lag. Heimath nannte diesen Vergleich „grenzwertig“.

CDU-Chef Ralf-Dieter Fischer sagte lieber gar nichts. Und das war auch gut so. Denn er wollte den Antrag von Britta Herrmann ablehnen, weil ihr dieser doch wohl von Baudezernent Jörg Penner diktiert worden sei. So hatte Fischer jedenfalls am Wochenende bei der Marmstorfer Teichwette herumgetönt. Es ist kein Geheimnis mehr, dass der einzige nicht beamtete Dezernent des Bezirksamts bei SPD und CDU auf dem Elfmeterpunkt liegt. Man wartet nur auf eine Gelegenheit, ihn loszuwerden.

Und auch Bezirksamtsleiter Thomas Völsch, der sich – wenn es brenzlig wird – immer schützend vor seine Dezernenten wirft, hatte vor einigen Tagen schon eine verbale Warnleuchte gezündet. Als Jörg Penner in der Begleitgruppe zur Binnenhafenentwicklung verkündete, die Ausschreibung für das Baufeld 3b auf der Schlossinsel sei gestoppt worden, weil „es sich wegen des Wohnschiffs zurzeit nicht vermarkten lässt“, ließ Völsch nach der Berichterstattung bei harburg-aktuell.de über seine Pressestelle verkünden: „Diese Äußerung ist nicht autorisiert gewesen.“ Nun war es nicht so, dass Jörg Penner irgendwo in einer privaten Plauderrunde seine Meinung gesagt hatte. Die Begleitgruppe, in der auch schon mal eine öffentliche Plandiskussion en passant erledigt wird, hat durchaus offiziellen Charakter. Und da darf sich jeder Dezernent äußern. Im Klartext: Völsch hat Penner nachträglich einen Maulkorb verpasst.

Und da Fischer nun vermutet, der Antrag der Grünen stamme aus der Feder von Penner, wollte er ihn ablehnen. Ob er sich noch daran erinnert, dass sich Regierungsparteien wie SPD und CDU durchaus mal Anträge von der Verwaltung formulieren lassen und nichts dabei finden? Wie auch immer: Eine Argumentation, die überhaupt nicht auf die inhaltlichen Forderungen eingeht, schadet vor allem den Flüchtlingen. ag