Brutplätze gefährdet: Behörde verhängt Abriss-Stopp

150402abrissSinstorf – Das Bezirksamt hat den Abbruch des Gebäudes Sinstorfer Weg 60 mit sofortiger Wirkung gestoppt. „Es gab keinen Antrag“, sagt Bezirksamtssprecherin Beatrice Göhring.

„Also gab es auch keine Genehmigung.“ Ein ärgerliche Formalität? In diesem Fall steckt mehr dahinter. Denn hier fehlt nicht nur die Abbruchgenehmigung: Eine artenschutzrechtliche Genehmigung lag ebenfalls nicht vor.

Dr. Magnus-Sebastian Kutz, Sprecher der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, erklärt, warum die in diesem Fall nötig war: An der Fabrikhalle befanden sich mehrere Brutplätze von Mauerseglern. Sie sind durch den teilweisen Abriss jetzt schon zerstört.“ Aufregung wegen ein paar Vogelnestern? Ja, denn zum einen sind Mauersegler in der Vorwarnstufe Rote Liste der bedrohten Tierarten verzeichnet. Zum anderen sind die Brutplätze der Vögel im neuen Bebauungsplan „Sinstorf 22“ ausdrücklich erwähnt. Es heißt dort: „Der Mauersegler weist eine hohe Brutplatztreue auf. Der Abriss der nördlichsten Halle kann somit zu einem dauerhaften Verlust der Fortpflanzungsstätte führen. Um die Funktion der Fortpflanzungsstätte im räumlichen Zusammenhang zu erhalten ist daher eine den Gebäudeabrissarbeiten vorgezogene Ausgleichsmaßnahme erforderlich.“

Im städtebaulichen Vertrag mit Investor Jens Peter Oertzen ist auch genau festgelegt, wie der Verlust der Brutstätten ausgeglichen werden soll: „Am  verbleibenden Gebäudebestand sind vor Beginn der Baufeldräumung an süd-  oder ostexponierten Dachfirstbereichen unter dem Dachüberstand und in 3,5 Meter Höhe drei Nisthilfen für Mauersegler anzubringen .“  Das alles ist nicht geschehen, stattdessen kam der Abrissbagger. Dr. Kutz: „Zum Glück sind die Mauersegler noch nicht aus ihren Winterquartieren zurück.“ Seine Behörde habe den Investor aufgefordert, die Nisthilfen bis 10. April anzubringen.

Sind die Auflagen nun bewusst ignoriert worden? Oder hat man sie einfach vergessen? Der Investor war gestern nicht zu erreichen, harburg-aktuell.de bleibt aber dran.

Auf dem ehemaligen Firmengelände von Menck Fenster sollen neun Wohnhäuser mit 110 Wohnungen entstehen, entlang des Sinstorfer Wegs mit jeweils drei Geschossen plus Staffelgeschoss, dahinter ohne Staffelgeschoss. 30 Prozent der Wohnungen werden öffentlich gefördert. ag

Veröffentlicht 2. April 2015