Kampfmittel: Ein Fund untermauert das Konzept der SPD für die Röttiger-Kaserne

120608KMLHarburg – Der Fund der Fliegerbombe in Heimfeld hat auch die Diskussion um die Räumarbeiten auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne entfacht. Die SPD will das rund 57 Hektar große Gelände umfangreich sanieren.

Das erfordert die Rodung aller verbliebenen über 1500 Bäume. Die CDU favorisiert punktuelle Räumung. Dabei sollte die Politiker ein ganz anderer Fund hellhörig machen. Der Kampfmittelräumdienst war wenige Stunden vor dem Fund schon einmal an der Homannstraße aktiv. Auf derselben Baustelle waren Munition und Karabiner entdeckt worden. Gerade Infantrie- und Flakmunition gilt als besonders brisant. Die Gelände von Kasernen sind nach Ansicht von Fachleuten damit „verseucht“.

Wenn auf Kasernengeländen gesucht wird, dann sind Munitionsfunde garantiert. Vor allem, wenn das 120608KM3Gelände schon vor oder während des Zweiten Weltkriegs genutzt wurde. In Jenfeld wurden vor wenigen Wochen bei solchen Arbeiten fast täglich Handgranaten oder Minen gefunden worden, die wegen ihrer Brisanz nicht einmal transportiert, sondern an Ort und Stelle vernichtet werden mussten. Bei der Sanierung des Geländes der Scharnhorst-Kaserne in Heimfeld waren es sogar Handgranaten aus dem Ersten Weltkrieg, die entdeckt wurden. Dazu kommt: Der Bereich Harburg war Kampfgebiet. Weite Teile des Südens, vor allem von Hausbruch bis Francop, gelten als Munitionsverseucht. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs lagen hier Volkssturmeinheiten, die Hamburg verteidigen sollten.

Am Kiekeberg wurde 120608KM2noch mit den Engländern gekämpft. 46 Soldaten, darunter ein 15-Jähriger, fanden den Tod. Zu weiteren Kämpfen kam es nicht. Hamburg wurde zur offenen Stadt erklärt. Der Volkssturm ging nach Hause. Waffen, Gerät und Munition bleiben in den Waldgebieten der Haake liegen. 2010 wurden beispielsweise gefährliche Riegelminen bei Francop gefunden. Sie enthalten fast nur Sprengstoff, der bei der Detonation große Panzer einfach umwerfen soll. Sie sind weiter zündfähig. 2003 wurden am U-Bootbunker in Finkenwerder große Mengen Militärmaterial entdeckt worden.

Das Problem: Solche Munition ist nur schwer zu finden. Bei Sondierungsarbeiten wird vor allem nach Metall gesucht, das in einer bestimmten Masse vorkommen muss. Hand- oder Gewehrgranaten sind dagegen schwer zu erkennen.

Bevor die CDU in ihrer Zeit als Regierungspartei die Kampfmittelsuche privatisierte, wurden ehemalige Militärflächen und andere Verdachtsflächen vom Kampfmittelräumdienst sondiert und geräumt. Mittlerweile wird in Hamburg nur noch dort gesucht, wo gebaut wird.
Die Kosten für die Kampfmittelräumung sind mit der Privatisierung explodiert. Vor der Privatisierung, so 120608KM1erinnert sich ein Behördenmitarbeiter, habe man mit einem Etat von 3,5 Millionen Euro im Jahr sämtliche Verdachtsflächen abgesucht. Jetzt soll allein die Kampfmittelsuche auf dem Gelände der ehemaligen Röttiger-Kaserne mindestens 4,5 Millionen Euro kosten. Pech für die Stadt: Fast alle größeren Flächen in Hamburg, die bebaut werden sollen, sind in ihrem Eigentum. So muss der Steuerzahler für die mittlerweile horrenden Kosten aufkommen. Das ist auch bei dem Gelände an der Homannstraße so. Die Stadt ist dort für die Kampfmittelentsorgung zuständig und Auftraggeber der Räumfirma.

Am Ende wird es aber keine echte Freigabe geben. Nach einer Räumung wird lediglich bestätigt, dass eine Fläche abgesucht worden ist. Das dort wirklich keine Munition mehr liegt, dafür gibt es keine Garantie. zv

Video: Die Sprengung einer Riegelmine in Francop:

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