Mitten in der Corona-Krise: Bezirksamt Harburg suspendiert Gesundheitsamtsleiter - Spekulationen um die Gründe
Das Gesundheitsamt Harburg. Foto: Andre Lenthe Fotografie

Mal wieder: Führungsposition im Gesundheitsamt muss besetzt werden

Harburg - "Ärztin oder Arzt (m/w/d) als Leitung der Abteilung Gesundheitsschutz: Infektionsschutz, Medizinalwesen, Wohn-Pflege-Aufsicht". So lautete eine Ausschreibung der Behörde, die vom 13. Dezember bis zum 7. Februar lief. Der Hintergrund: Mitten in der Pandemie war dem Bezirksamt Harburg erneut ein leitender Mitarbeiter abgesprungen. Und das nach nur kurzer Zeit im Amt. Der Arzt war nur vom 1. April bis Ende des Jahres geblieben, bevor er das Handtuch schmiss. Aus der Abteilung hieß es: "Er war überwiegend im Homeoffice."

Das Gesundheitsamt Harburg hat wenig "Glück" mit seinem Führungspersonal. Nicht erst jetzt wirkt das wie hausgemacht. Im Frühjahr 2020, als die Coronakrise bereits Fahrt aufgenommen hatte, stellte die Behördenleitung den damaligen Chef des Gesundheitsamtes, Dr. Robert E. Wegner, kalt. "Urlaub" hieß es offiziell. Gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik hatte das Bezirksamt versucht, den Urlaub als lang geplant und ganz normal und sogar aus Gründen der Fürsorge als geboten hinzustellen.

Tatsächlich entpuppte sich der Vorgang als Rauswurf. Wegner, der sich hamburgweit einen Namen als Corona-Manager gemacht hatte, ging schließlich als "Leihgabe" zur Polizei. Das Bezirksamt schrieb die Stelle neu aus, obwohl für Wegner formal lediglich abgeordnet war und damit weiter Gehalt aus dem Budget des Bezirksamtes gezahlt wurde.

Im Juli wurde Dr. Ali Chahvand als Nachfolger gefunden. Schon im November übernahm er auf "eigenen Wunsch" die Abteilung „Gutachten und Gesundheitshilfen“. Damit hatte sich der Leiter des Gesundheitsamtes scheinbar selbst degradiert. Seine Nachfolgerin wurde Dr. Mechthild Waldeyer-Sauerland, die noch im Amt ist.

Dafür schmiss als nächstes die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamtes hin. Sie hinterließ eine Rundmail, die es in sich hatte. In der Email hieß es: "In einem Klima von Misstrauen, Kontrolle, Unehrlichkeit und Intransparenz ist eigenständiges Arbeiten nicht erwünscht und wird weitgehend unterbunden". Trotz Unterbesetzung würden "überflüssige" administrative Arbeitsaufträge erteilt. Ressourcen würden so "verschwendet". Fachliche Themen würden kaum noch eine Rolle spielen. Im Vordergrund stehe die Verwaltung. Die Verfasserin zog den Schluss, dass sie lieber wieder in einer "fachlich kompetent geleiteten und entsprechenden ausgerichteten Institution arbeiten möchte", und hatte deswegen in Harburg gekündigt.

Im Mai machte das Gesundheitsamt Schlagzeilen mit einem Ärztemangel. Stimmt nicht, meinte das Bezirksamt. Die wörtliche Antwort kann man sich auch noch heute auf der Zunge zergehen lassen. Es laufe "derzeit die Verortung von befristet einzustellenden Corona-Unterstützungsärzten in den Gesundheitsämtern zum Ausgleich von Fluktuationen aufgrund befristeter Verträge" ließ das Bezirksamt wissen.

Aktuell, Stand 17. Februar, wurden hamburgweit von den sieben Bezirksämtern und den Fachbehörden neun Ärzte gesucht. Ein drittel der Ausschreibungen kam vom Bezirksamt Harburg. Diese überproportionale Ärztesuche erklärt das Bezirksamt so: "Die Arbeitsmarktlage für Ärztinnen und Ärzte ist exzellent. Entsprechend ist es schwierig, inmitten einer Pandemie Ärzte für die Gesundheitsämter zu rekrutieren und zu halten."

Was die Nachfolge von dem im Dezember "geflüchteten" Leiter der Abteilung Gesundheitsschutz angeht, ob sich überhaupt jemand gemeldet hat und wenn, wie viele, will das Bezirksamt nicht mitteilen. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu Personalangelegenheiten nicht äußern", hieß es auf Anfrage aus der Pressestelle des Bezirksamtes. Das ist offenbar eine Floskel, die die Harburger Behörde sinngemäß gern einsetzt, wenn es darum ging unschöne Personalien auch vor der Politik möglichst uninformativ zu halten. zv