Letztes Gebäude gesichert: Ein Stall vollendet die "Königsberger Straße"
Zofia Durda (v.l.), Theda Pahl, Philip und Tanja Rüthemann, Sabine und Manfred Stelzer vor dem Stallgebäude. Foto: FLMK

Letztes Gebäude gesichert: Ein Stall vollendet die "Königsberger Straße"

Ehestorf - Er war in der Nachkriegszeit ein "Muss" - der kleine Stall für die Selbstversorgung. Zwei Schweine, ein paar Hühner und auch Kaninchen hielten die Bauherren Herta und Bruno Matz in ihrem Stall von 1956 - er gehört zum Flüchtlingssiedlungshaus, das wie berichtet Anfang des Jahres bereits ins Freilichtmuseum am Kiekeberg transloziert wurde.

Jetzt kommt auch der Stall ins Museum. Wohnhaus und Stall zeigen bald in der "Königsberger Straße" am Kiekeberg, wie ein geflüchtetes Ehepaar aus Ostpreußen sich erfolgreich eine neue Existenz aufbaute. Vor dem Transport trafen sich die Kinder und Enkel der Erbauer für eine letzte Begehung mit dem Museumsteam.

{image}Noch steht der Stall an seinem Originalstandort in Tostedt. Für Zofia Durda, die wissenschaftliche Leiterin des Großprojekts, ist das eine ideale Situation: "Der Stall wurde nur wenig umgebaut, so können wir bis heute sehen, wie die Familie Matz mit dem Stall lebte. Es gab alles, was sie brauchte, um den eigenen Obst- und Gemüsegarten zu bestellen und Tiere zu halten."

Der Garten war entsprechend groß: 1.200 Quadratmeter maß das Grundstück - Selbstversorgung war in der Nachkriegszeit zentral. Sabine Stelzer erinnert sich: "Meine Eltern haben alles angebaut und eingeweckt - Erbsen, Bohnen, Kohl, Beeren. Unter den Obstbäumen liefen die Hühner. Es gab immer etwas zu tun." Damit die Wege kurz blieben und der Schmutz nicht ins Wohnhaus getragen wurde, verarbeitete die Familie die Ernte gleich im Stallgebäude - in einer eigens eingerichteten Sommerküche. Die hatte sogar fließend Wasser: aus einer Schwengelpumpe.

"Uns ist es wichtig, die Lebensverhältnisse anhand von Originalen zu zeigen", erläutert Theda Pahl, Museumsarchitektin und technische Leiterin des Projekts "Königsberger Straße". "Deshalb holen wir das Gebäude an den Kiekeberg und können anhand von Gebrauchsspuren zeigen, wie die Bewohner die Räume tatsächlich genutzt haben." Und auch, wie sich die Lebenswelt änderte: "Schon Anfang der 1960er kaufte das Ehepaar Matz ein Auto. Sommerküche und Abstellraum wurden zu einer Garage umgebaut."

Im Freilichtmuseum wird der Stall neben dem Flüchtlingssiedlungshaus aufgebaut. Dazu sichert eine Spezialfirma in den kommenden Wochen das Gebäude. Sie teilt ihn dann in große Teile. "Auf einem LKW werden dann zum Beispiel die Wände einzeln an den Kiekeberg gefahren", erläutert Theda Pahl. "Dort fügen die Spezialisten die Schnittstellen sorgfältig zusammen, so dass man den Eingriff nicht mehr erkennt." Am Kiekeberg wird der Stall, wie auch das Wohngebäude, aufwändig restauriert und voraussichtlich 2023 für Besucher geöffnet. Dann werden in ihm auch wieder Hühner, Schweine und Kaninchen leben - allerdings nach heutigen Standards in der Tierhaltung.  (cb)