Flüchtlingsunterbringung bleibt weiter ein Streitthema

160305Aschenland1Neugraben – Für Bezirksamtsleiter Thomas Völsch ist es ein Erfolg. Die Bürgerinitiative, die sich gegen eine zu große Zahl von Flüchtlingen im Stadtteil wendet,

ist skeptisch und macht klar: Das entspricht nicht unseren Forderungen. Nach der Ankündigung die Flüchtlingsunterkunft Aschenland II deutlich kleiner als geplant zu bauen, haben Verwaltung und in der Initiative zusammengeschlossene Einheimische weiter unterschiedliche Sichtweisen. Für Völsch ist die Reduzierung der Plätze das Ergebnis monatelanger Verhandlungen des Bezirks mit der Fachbehörde, die in den letzten Wochen „sehr intensiv“ geführt wurden „Wir halbieren Aschenland II und verzichten auf ein Baufeld“, sagt Völsch. Der Bezirksamtsleiter sagte aber auch: „Alle anderen Einrichtungen berührt die Entscheidung nicht.“ Das bedeutet, dass die Zentrale Erstaufnahme im ehemaligen Obi-Markt am Geutensweg, in der bislang etwa 400 Flüchtlinge untergebracht sind, seine 722 Plätze bei Bedarf ausschöpfen wird, und die Unterkunft Aschenland I, sich, wie die geplante Unterkunft Aschenland II direkt an den Obi-Markt anschließt, 458 Plätze in Modulbauten bestehen bleiben. Dazu kommen 190 Plätze, die an der Cuxhavener Straße in Höhe ehemaliger Röttiger Kaserne. Danach werden in dem Stadtteil nach jetzigen Planungen 2870 Flüchtlinge in Erst- oder Folgeaufnahmen untergebracht.

Die Bürgerinitiative gibt sich leicht optimistisch aber unbeirrt. „Wir honorieren das Engagement von Politik und Verwaltung, die sich unseren seit Monaten vorgetragenen Argumenten nun angeschlossen haben. Die Verkleinerung der Unterkunft Am Aschenland II ist ein wichtiger und richtiger Schritt zu einer fairen Chancen- und Lastenverteilung innerhalb Hamburgs“ sagt deren Sprecher Jan Greve. Aber: Man sehe die Forderung von maximal 1500 Plätzen in Folgeunterkünften für den gesamten Stadtteil als noch nicht erfüllt an. Sven Blum verweist darauf, dass die Zahl 1500 nicht aus der Luft gegriffen sei, sondern „der Leistungsfähigkeit des Stadtteils entspricht“. „Die Verwaltung des Bezirkes, sowie die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, haben die realistischen Möglichkeiten der sozialen Infrastruktur in Neugraben-Fischbek geprüft. Danach können die umliegenden Schulen Kinder von bis zu 1.700 Flüchtlingen aufnehmen, im Bereich der Kitas ist Potential für Kinder von etwas über 1.000 Flüchtlingen abrufbar. Im Bereich der Jugendhilfe und medizinischer Versorgung ist bereits heute die Versorgung der einheimischen Bevölkerung sehr kritisch“, begründet Blum seine Einschätzung. Rückenwind hat die Bürgerinitiative durch die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“, für die allein in Neugraben innerhalb von vier Tagen 2000 Unterschriften gesammelt wurden.

Unbeantwortet bleibt auch, wie es in diesem Jahr weiter geht. Bürgermeister Olaf Scholz hatte erst vor wenigen Tagen beim jährlichen Inno-Talk im hit Technopark in Heimfeld eigentlich ernüchternde Zahlen genannt. Danach müssen die Behörden davon ausgehen, dass bei einem Zustrom von Flüchtlingen nach Deutschland wie in den letzten Monaten vergangenen Jahres 40.000 Plätze gebracht werden. Das ist die Zahl der Plätze, die in Hamburg in den letzten drei Jahren geschaffen wurde. Für 16.000 Plätze habe man laut Scholz „eine Idee“. Im Umkehrschluss bedeutet das: Für 24.000 Plätze hat man diese Idee nicht. Das Neugraben-Fischbek angesichts dieser Prognose bei den im Stadtteil vorhandenen Flächen bei der Suche nach weiteren Standorten außen vor bleibt, ist zu bezweifeln.

Dazu kommt die Unterbringung von Flüchtlingen in neuen Wohnquartieren. Sandbek West wird so ein Bereich werden. Welche Dimension da auf die Stadt zukommt, hat Oberbaudirektor Jörn Walter jüngst in einem Vortrag beim Wirtschaftsverein aufgezeigt, in dem er für eine Abkehr vom Bau von Flüchtlingsunterkünften und dem schnellen Bau von Wohnungen plädiert. Jährlich müsse man von einem Bevölkerungswachstum von 20.000 und mehr Menschen in Hamburg ausgehen. In den vergangenen Jahren betrug das Wachstum 8000 bis 10.000 Menschen. Darin waren bereits in den Jahren gekommenen Flüchtlinge enthalten. Damit ist absehbar, dass der Großteil der neu entstehenden Wohnungen für Flüchtlinge gebraucht wird. Unabhängig von der Bezeichnung der Unterbringung müssen auch die integriert werden. zv

Veröffentlicht 5. März 2016