Vor genau 70 Jahren wurde vor Harburg gekämpft

150426Friedhof2Vahrendorf – 48 Grabsteine stehen auf dem Soldatenfriedhof auf dem Krähenberg. 44 tragen das Todesdatum die 26. April 1945. Heute vor 70 Jahren fielen dort die letzten

deutschen und britischen Soldaten bei dem letzten größeren Gefecht vor der Kapitulation Hamburgs am 3. Mai.

Vor Hamburg hatten die englischen Truppen im April 1945 noch einmal Halt gemacht. Die Hansestadt sollte, so wollte es Hitler, verteidigt werden. Bereits 1944 war dafür eine Hauptverteidigungslinie gebaut worden, die sich von Elbufer zu Elbufer wie ein Halbkreis von Over über Hörsten, durch Meckelfeld, Glüsingen und Beckedorf über Ehestorf nach Hausbruch zog. Vahrendorf war zunächst von Einheiten der 7. Britischen Panzerdivision kampflos besetzt worden. Etwa einen Kilomter entfernt lagen zusammen gewürfelte deutsche Truppen in vorbereiteten Stellungen im Wald.

Am Abend des 25. April begann der Angriff der 7. Kompanie des Ausbildungs- und Ersatzbataillons der 12. SS-Panzerdivision auf Vahrendorf, die sich selbst den Namen „Kampfgruppe Panzerteufel“ gegeben hatte. Rund 120 deutsche Soldaten, darunter auch Angehörige der Marine, griffen unter der Führung von Heinz Früh, der als Chef der Kompanie, so geht es aus Quellen hervor, noch bei Besprechungen auf die Aussichtslosigkeit des Einsatzes hingewiesen hatte, Vahrendorf an.

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Der Soldatenfriedhof auf dem Krähenberg. Foto: zv

In drei Gruppen bewegten sich die deutschen Soldaten, die von drei Sturmgeschützen einer Fallschirmjägereinheit unterstützt wurden, auf den Ort zu. 21 britische Soldaten wurden gefangen genommen. Sie waren im Schlaf überrascht worden. Danach kam es zu heftigen Kämpfen. Vahrendorf konnte besetzt werden. Im Gasthof Erhorn bezog die Truppe ihr Hautquartier. In Sottorf richteten sich die Engländer im Gasthaus Cordes zur Verteidigung ein. Einen Tag später, am 26. April, wurde Vahrendorf wieder aufgegeben, als klar wurde, dass die Engländer zum Gegenangriff antraten. Weil nur ein Teil der deutschen Soldaten den Befehl zum Rückzug bekamen, blieben einige zurück und lieferten sich weitere Gefechte mit den Engländern. Die Verluste der Briten werden mit etwa 90 Soldaten beziffert. Von den deutschen Soldaten kehre etwa die Hälfte nicht zurück. Die Überlebenden wurden am 27. April nach Bad Oldesloe verlegt.

Hamburgs sogenannter Kampfkommandant Alwin Wolz erklärte später den sinnlosen Angriff auf Vahrendorf als ein taktisches Manöver dar, damit seine Vorbereitungen zur kampflosen Übergabe Hamburgs nicht aufgedeckt und so verhindert werden.

1946 wurde auf Betreiben des damaligen Bürgermeisters Peter Witt der Soldatenfriedhof angelegt, um die bis dahin in Massengräbern liegenden Soldaten in Einzelgräber umzubetten. Witt stellte dafür ein ihm gehörendes  Grundstück zur Verfügung. An der Umbettung war damals das Harburger Bestattungsunternehmen Albers beteiligt.

Der Friedhof wurde 1946 angelegt, dann vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge übernommen und am 27. April 1947 eingeweiht. 1949 übernahm Maria Muskowitz die Pflege der Gräber. Ihr einziger Sohn Martin war bei dem Gefecht um Vahrendorf gefallen und liegt auf dem Friedhof begraben. Sie zog mit ihrem Mann extra nach Vahrendorf und wohnten dort in einer ehemaligen Flakbaracke. Bis 1956 ragte ein großes Holzkreuz über den Friedhof, auf dem bis dahin Holzkreuze standen. Sie wurden durch Natursteine ersetzt.

Nicht alle der dort beigesetzten Soldaten, viele stammen aus Hessen, sind bei den Kämpfen um den 26. April gefallen. Das kann nur von 36 gesagt werden. Es sind auch nicht alle in Vahrendorf getöteten Soldaten auf dem Krähenberg beigesetzt. 19 Gefallene fanden auf Friedhöfen in Harburg, Hittfeld, Jesteburg und Buchholz ihre letzte Ruhestätte. Neben den Soldaten ist auf dem Krähenberg auch ein jugoslawischer Kriegsgefangener beerdigt. Ein Grab ist leer. Der Stein wurde für den 1944 in Russland gefallenen Günter Witt angelegt, der der Sohn vom Bürgermeister Peter Witt war.

Nach dem Krieg hielt sich über Jahrzehnte hartnäckig eine Legende, wonach 19 deutsche Soldaten nach ihrer Gefangennahme mit Genickschüssen getötet wurden. Das dürfte nicht stimmen. Die Geschichte beruht lediglich auf „Hörensagen“, nie wurde ein Augenzeuge gefunden und auch bei der Exhumierung wurden keine Verletzungen durch Genickschüsse festgestellt. zv

Veröffentlicht 26. April 2015

Quellen: "Der Soldatenfriedhof auf dem Krähenberg" von Siegfried Pabst / "Es geschah im Frühjahr 1945" von Werner Steinbauer