Nazi-Flashmob in Eißendorf löst Großrazzia aus

120302Naziplunder1Eißendorf – Es war eine schauriger Aufmarsch, der kurz vor Weihnachten durch die Eißendorfer Straße zog. Mit brennenden Fackeln in der Hand marschierten 35 dunkel gekleidete Neonazis mit weißen Masken vor dem Gesicht in

Richtung Harburg. Freitagmorgen führte die Polizei eine Razzia bei Beteiligten des „Neonazi-Flashmobs“ durch. In Eißendorf durchsuchten Beamte die Wohnung eines in der Lühmannstraße wohnenden Teilnehmers. Es ist der einzige aus dem Bezirk Harburg. Bei dem 24-Jährigen Mann, der den Sicherheitsbehörden als rechter Gewalttäter bekannt ist, wurden die üblichen „Neonazi-Utensilien“ sichergestellt. Er selbst blieb auf freiem Fuß.
Mit einem Transparent, auf dem es um das Urteil gegen die beiden sogenannten „20 Cent-Killer“ ging, die am 120302MarschSeeveplatz einen Mann erschlagen hatte, waren die Neonazis durch Eißendorf gezogen (Foto). Anwohner, so sagt der Chef der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes, Detlef Kreutzer, seien dadurch in Angst und Schrecken versetzt worden. „Wie der Ku Klux Klan hatte der Aufzug auf Anwohner gewirkt“, sagt Kreutzer. Andere Zeugen fühlten sich an Aufmärsche oder Schlägertrupps aus dem Dritten Reich erinnert. Die Polizei machte klar, dass sie konsequent gegen solche Aktionen vorgehen will. Verhindern konnten die Sicherheitsbehörden die aktion nicht. Im Vorfeld hatten sie nichts von den Planungen mitbekommen.
Bislang konnte die Staatsanwaltschaft auch nicht ermitteln, wer den Aufzug organisierte. Die Form des Aufmarsches ist ein „Exportschlager“ aus Brandenburg. Die Organisatoren der Aktion in Eißendorf dürften Nachahmer sein, die möglicherweise aus der Metropolregion stammen. Von dort stammen überproportional viele der identifizierten Teilnehmer. In Tostedt wurden drei, in Buchholz zwei und in Neu Wulmstorf eine Wohnung durchsucht. Die Sicherheitsbehörden erhoffen sich Erkenntnisse über Strukturen und Verbreitungswege in der Szene. Vor allem soll es auch ein Signal an Anhänger der Bewegung „Die Unsterblichen“ sein, wie sich die rechtsextremen Teilnehmer dieser maskierten Fackelaufzüge nennen. Die Form der nicht angemeldeten Versammlung wird groß und professionell mit Clips im Internet beworben und findet offenbar viele „Fans“, die so für die braunen Ziele gewonnen werden können. So war die Hälfte der identifizierten Teilnehmer an dem Eißendorfer Aufzug bislang den Sicherheitsbehörden in solchen Zusammenhängen nicht bekannt. Gegen sie wird jetzt wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt. Das ist ein Tatbestand, der mit maximal zwei Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet werden kann. Für einen Haftbefehl oder Festnahme reichten in keinem Fall die bisherigen Erkenntnisse oder die Ergebnisse der Durchsuchungen.
Für Detlef Kreutzer ist die Aktion trotzdem ein Erfolg. „Wir konnten ihnen die Masken runterreißen“, sagt der 120302Naziplunder2Kriminaldirektor. Das ist vor allem der schnelle Reaktion der Beamten der Harburger Polizei zu verdanken, die blitzschnell reagiert hatten und so viele Personalien feststellen konnten. Denn eines verraten die Berichte über den Einsatz am 17. Dezember: Bereits in der Nacht waren die Personalien der 17 Teilnehmer, darunter drei Frauen; festgestellt worden. Alle danach stattfindenden Ermittlungen hatten die Sicherheitsbehörden bislang nicht zu weiteren Teilnehmern geführt.
Jetzt hofft man, auch in Hinblick auf den geplanten Großaufmarsch von um die 1000 Rechtsradikalen zum sogenannten „Tag der Deutschen Zukunft“, auf weitere Erkenntnisse. Denn mehrere der identifizierten Teilnehmer des Aufzugs in Eißendorf sind auch aus dem Hamburger Nationalkollektiv/Weiße Wölfe Terrorcrew bekannt. Dahinter verbirgt sich ein Netzwerk, dass den für Juni nördlich der Elbe geplanten Neonazi-Aufmarsch forciert.   zv