365 Einsätze: Kriseninterventionsteam des DRK 2019 gefragt wie nie
Wie hier in einer nachgestellten Szene betreuen KIT-Helfer Menschen nach schlimmen Erlebnissen. Foto: DRK-Kreisverband Hamburg-Harburg e.V.

365 Einsätze: Kriseninterventionsteam des DRK 2019 gefragt wie nie

Harburg - Jeden Tag wurde statistisch im vergangenen Jahr die Hilfe von Angehörigen des Kriseninterventionsteams des DRK Hamburg-Harburg.

Exakt zu 365 Einsätzen rückte das KIT, so die Kurzform, im vergangenen Jahr aus, wenn es darum ging Angehörige nach einem plötzlichen Todesfall, Opfer und Augenzeugen von Unfällen, Gewalttaten oder anderen schockierenden Ereignissen zu betreuen. Damit hat das KIT im vergangenen Jahr so viele Einsätze wie nie zuvor in seiner ü ber 20-jährigen Geschichte gehabt.

Laut der jetzt vorliegenden Jahresbilanz führten die 365 Alarmierungen zur Betreuung von 1.123 Menschen, bei denen die vom Harburger Roten Kreuz geschulten KIT-Mitglieder 2019 „erste Hilfe für die Seele“ leisteten. 2018 waren es 1.008 Menschen bei 306 Alarmierungen.

„Hinter diesen Zahlen verbergen sich viele hochdramatische Ereignisse und bewegende Einzelschicksale. Es geht um mehr als 1.000 Menschen, die wir in für sie sehr schweren Stunden unterstützen konnten. Wir bleiben, bis sich die Situation stabilisiert hat, bieten menschliche Nähe an und vermitteln weiterführende Hilfe“, sagt der Leiter des DRK-Kriseninterventionsteams, Malte Stüben. Das Risiko, dass es zu langfristigen traumatischen Schäden kommt, sinke durch den Einsatz des KIT für die Betreuten deutlich.

Die häufigsten Einsätze des KIT bestanden auch im vergangenen Jahr in der Begleitung der Polizei bei der Überbringung einer Todesnachricht. Todesursachen sind nicht selten Freitod oder Verkehrsunfall. Alarmiert wird das KIT in Hamburg grundsätzlich durch Einsatzkräfte der Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienste, in einigen Fällen auch durch das Institut für Rechtsmedizin.

„Die gute Kooperation ist eine wichtige Grundlage für unsere Arbeit“, sagt Olav Meyer-Sievers, KIT-Referent beim DRK-Kreisverband Hamburg-Harburg. Er führt unter anderem Informationsveranstaltungen zur Arbeit des Kriseninterventionsteams vor Polizeibeamten oder -anwärtern durch. Auch auf diesen intensiven Kontakt und den steigenden Bekanntheitsgrad des KIT führen  Referent und Teamleiter die Rekordzahl an Alarmierungen des vergangenen Jahres zurück.

Um an jedem Tag des Jahres rund um die Uhr mit mindestens zwei KIT-Mitgliedern  einsatzbereit zu sein, gab es 2019 beim DRK Hamburg-Harburg wieder einen Qualifizierungskursus. 16 Ehrenamtliche wurden im Herbst nach einer Schulung neu ins Team aufgenommen, das aktuell aus 51 Mitgliedern besteht.

Alles, was den Ehrenamtlichen bei ihren Einsätzen an Persönlichem offenbart wird, unterliegt der Schweigepflicht. Deshalb geben Malte Stüben und sein Team keine Details preis, auch dann nicht, wenn zum Beispiel über Gewaltverbrechen oder spektakuläre Unfälle schon ausführlich in den Medien berichtet wurde.

„Besonders tragisch sind natürlich alle Ereignisse, bei denen Kinder dabei sind“, sagt der KIT-Leiter. So wurden 2019 zum Beispiel eine Mutter und ihre drei Kinder betreut, nachdem sich der Vater durch einen Sprung aus großer Höhe das Leben genommen hatte. Bei einem anderen Einsatz hatte ein 15-Jähriger seine Mutter zuhause tot aufgefunden. KIT-Mitglieder begleiteten auch eine Mutter, die ihrem Kind, das auf Klassenreise war, vom plötzlichen Tod des Bruders berichten musste. 163 der betreuten 1.123 Personen im vergangenen Jahr waren Kinder unter 17 Jahren. zv