Politik beschäftig sich weiter mit ihrem Online-Informationssystem

Rathaus2Harburg – Es war sicher Zufall, dass am Dienstagabend im Foyer des Rathauses die gewohnte Info-Tafel fehlte. In der Regel wird dort angezeigt, in welchem Raum der

jeweilige Fachausschuss tagt und wann die Sitzung beginnt. Trotzdem fanden diesmal ungewöhnlich viele Bürger den Weg zur Sitzung des Hauptausschusses in Raum 118.

Wenn sich die Bürger vorher im Online-Informationssystem der Bezirksversammlung über die Tagesordnung des Hauptausschusses schlau gemacht hatten, wussten sie diesmal sogar mehr, als sie eigentlich durften. Denn dort war auch die Tagesordnung des nicht-öffentlichen Teils der Sitzung zu lesen. Aber auch das war wohl Zufall.

Wer vom Bezirksamt oder vom Präsidium der Bezirksversammlung jederzeit zuverlässige Informationen über die Entscheidungsfindung erwartet, wird häufig enttäuscht. Dabei ist genau dies Voraussetzung für eine Beteiligung der Bürger an der politischen Meinungsbildung – was sich alle Parteien auf die Fahnen geschrieben haben.

Deshalb war es auch erstaunlich, wie schwer sich SPD und CDU in der April-Sitzung der Bezirksversammlung mit einem Antrag der Neuen Liberalen getan hatten, die – wie berichtet –  bessere Informationen für die Bürger gefordert hatten. In der Tat erfahren die Bürger auf den offiziellen Seiten des Bezirksamts wenig über die Arbeit der Bezirksversammlung oder auch über die Zuständigkeit der einzelnen Ausschüsse und ihre Möglichkeiten zur Mitwirkung. Jürgen Marek von den Grünen hatte sogar Zweifel, ob diese Seiten mit dem Niveau von  Internetseiten von Grundschulklassen konkurrieren könnten.

Die GroKo hatte aber noch „Beratungsbedarf“. Worin genau der bestand, ist jetzt im Hauptausschuss allerdings auch nicht klar geworden. „Langsam wird es peinlich“, sagte Marek. Bezirksamtsleiter Thomas Völsch hatte zwar Zweifel, dass eine einzige Internetseite zur Politikverdrossenheit beitragen kann, machte dann aber doch einen Vorschlag, um die Wogen zu glätten. Nach dem Motto „Wenn ich nicht weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis“ soll sich die Verwaltung mit Vertretern der Fraktionen zusammensetzen und die Informationen auf der Harburg-Seite im Internet ausführlicher und leichter verständlich formulieren. Auf die Idee, da auch mal Medienexperten zu fragen, kam indes niemand.

Und so bekam der Antrag der Neuen Liberalen schließlich doch noch eine Mehrheit, die die GroKo ihm in der Bezirksversammlung noch verweigert hatte.

Zuvor war ein noch viel peinlicherer Vorgang, der nun schon seit einem Jahr vor sich hinschmort, noch einmal vertagt worden. Vor knapp einem Jahr hatte die Bezirksversammlung einen gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen, die sich damals noch lieb hatten, beschlossen. Bis heute ist er nicht umgesetzt worden. SPD und Grüne waren auf „Liquid Democracy“ aufmerksam geworden, einem Programm, das eine viel stärkere Online-Beteiligung der Bürger an Meinungsbildungsprozessen ermöglicht. Nun soll endlich ein Referent des Vereins „Interaktive Demokratie“ aus Berlin eingeladen werden. Aber die SPD hat immer noch Beratungsbedarf. Sie möchte vorher klären, wann der Referent kommt, wo er übernachten könnte und wer seine Anreise bezahlt. ag

Veröffentlicht 13. Mai 2015