Unterkunft Lewenwerder II: Infos zu einer beschlossenen Sache

150205UnterkunftHarburg – Nein, die Bürger aus Neuland sind nicht weniger hilfsbereit als die Kirchgänger in der Fischbeker Cornelius-Gemeinde. Sie haben nichts gegen Flüchtlinge,

und Rassisten sind sie schon gar nicht. Und doch verlief der Abend im Elbcampus, bei dem die Neuländer über eine weitere Wohnunterkunft im Gewerbegebiet Lewenwerder informiert werden sollten, anders als der vor 14 Tagen  in der Cornelius-Kirche, bei dem es um die Unterkunft Am Aschenland ging. Verwaltung und Politik empfanden den Abend in Fischbek als „Kuschel-Termin“ , diesmal gab es Kritik.

Und das liegt schlicht und einfach daran, dass die Neuländer besonders intensive Erfahrungen mit Wohnunterkünften in ihrer Nachbarschaft haben – vor allem aber Erfahrungen damit, was ihnen vorher erzählt und versprochen worden ist, und was später daraus geworden ist. Sie haben das erlebt mit der Unterkunft für 170 überwiegend alleinstehende Männer in der Wetternstraße, mit der Familienunterkunft Lewenwerder I, mit der Zentralen Erstaufnahme (ZEA) in der Post am Bahnhof, jetzt mit Lewenwerder II und es steht noch die Erweiterung der ZEA hinter dem Elbcampus aus.

Lewenwerderlang
Die Fläche, auf der die Unterkunft Lewenwerder II entstehen soll. Foto: zv

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Sie haben erlebt, dass ihnen versprochen wurde, nach Lewenwerder I gebe es in dieser Gegend keine weiteren Einrichtungen. Sie haben erlebt, dass Innensenator Michael Neumann sich mit ihnen  trifft, ihnen alles Mögliche verspricht und nur wenig hält. Und dass die Bezirksversammlung eine Fortsetzung des Wachdienstes in der Wetternstraße beschließt (unter anderem weil Fremdschläfer in der Unterkunft ein Drogenvertriebsnetz aufgebaut hatten), dass sich Betreiber fördern & wohnen aber nicht an die Abmachungen hält. Sie haben auch erlebt, dass fördern & wohnen so nachlässig zum Runden Tisch mit den Anwohnern einlädt, dass dabei Politiker eingeladen werden, die längst abgewählt sind oder sich zurückgezogen haben und dass auch keinem auffällt, dass die Einladungen den überwiegenden Teil der Anwohner gar nicht erreicht haben. Dass eines Tages ein Staatsrat in Harburg auftauchte und den Leuten erzählen wollte, wie sorgfältig der Standort für die ZEA ausgesucht worden sei und er aber vor Ort plötzlich feststellen musste, dass in 300 Metern Entfernung schon zwei weitere Unterkünfte stehen, hat die Neuländer kaum noch überrascht.
Und jetzt im Elbcampus wird den enttäuschten Neuländern erzählt, sie müssten sich keine Sorgen machen, fördern & wohnen habe „unendliche Erfahrung mit dem Betreiben solcher Einrichtungen“. Ein paar warme Worte gab es für die Anwohner dann doch. Bezirksamtsleiter Thomas Völsch: „Es nützt nichts, hier etwas schön zu reden. Wir werden diese Unterkünfte künftig klüger und besser verteilen. Und wir wissen auch, dass wir den Anwohnern viel zumuten.“ Das tröstete sie ein wenig.
Das Kopfschütteln hörte indes nicht auf. Kein Wunder! Da wird Heie Kettner (Sozialbehörde) gefragt, warum diese Unterkünfte alle auf so engem Raum platziert worden sein, warum nicht hier oder da? Da hänge mit einer Reihe von Hindernissen zusammen, sagte Kettner. Er nannte auch einige, zum Beispiel Hochspannungsleitungen. Gelächter im Saal, denn Lewenwerder I steht unter einer Hochspannungsleitung, es gab deswegen sogar Probleme, als ein großer Kran das Dach auf eines der Modulhäuser stellen sollte.

Und warum nicht in Meyers Park oder an der Außenmühle? Weil diese Flächen als Parkanlagen ausgewiesen sind, die könne man nicht einfach für den Wohnungsbau nutzen, sagte Völsch. Wieder Gelächter, diesmal vor allem bei Fritz Trisler vom Neuländer Elbdeich: „Hinter meinem Haus gab es ein Landschaftsschutzgebiet, das wurde mal eben in ein Industriegebiet umgewidmet. Wenn man das will, geht das ganz schnell.“
Das nützt aber alles nichts, im dritten Quartal 2015 sollen im Gewerbegebiet Lewenwerder weitere neun Modulhäuser mit 198 Plätzen stehen. Ihre Nutzung ist vorerst bis Ende 2020 genehmigt.

Sozialdezernent Holger Stuhlmann gab bei dieser Gelegenheit die endgültige Belegungszahl für das Wohnschiff „Transit“ bekannt. Dort hatte es in den vergangenen Tagen widersprüchliche Informationen gegeben. Jetzt ganz offiziell: Auf der „Transit“ werden 25 Männer, 42 Frauen, 32 Frauen und Männer in einer „Paarbeziehung“ ohne Kinder und 46 Frauen und Männer mit 81 Kindern leben. Wann sie einziehen, steht noch nicht fest.
Die beste Erkenntnis des Abends: Im Vorfeld hatten Rassisten im Internet massiv über Flüchtlinge gehetzt und zum Besuch des Abends aufgerufen. Der Aufruf blieb ohne Wirkung. ag