Junge Flüchtlinge in Salafistenumfeld: Man hofft auf "pädagogische Mittel"

WacheNoeldekestrasseHarburg – Fast jeden Tag gibt es neue Nachrichten zur Unterbringung von Flüchtlingen in Harburg. Meistens sind es nur ein paar Informationshappen, im Sozialausschuss gab

es nun ein paar größere Brocken. Wie harburg-aktuell.de schon berichtet hat, sollen im kommenden Jahr 84 „minderjährige unbegleitete Flüchtlinge“ („MUFs“) im Bezirk untergebracht werden – 48 in drei Modulhäusern (wie in der Unterkunft) Lewenwerder auf dem Grundstück Cuxhavener Straße 186-188 sowie 36 in der ehemaligen Polizeiwache Nöldekestraße.

Klaus-Dieter Müller, Geschäftsführer des Landesbetriebs Erziehung und Beratung (LEB), gab zu, dass der Druck riesig sei. Deshalb müsse man zurzeit nehmen, „was man kriegen kann“. Er bestritt nicht, dass die Jugendlichen gerade in der Nöldekestraße in ein Milieu geraten, dass für die Entwicklung einer Lebensperspektive nicht förderlich ist. Gewerbegebiet, lärmende Stadtautobahn und Drogenszene – dazu die Nähe zur Taqwa-Moschee, einem Salafisten-Treffpunkt: Ist das nicht zu viel? Wie will Müller verhindern, dass die jungen Flüchtlinge zur leichten Beute der religiös motivierten Verführer werden, wollte die Ausschussmitglieder wissen. Seine Antwort hat einige nicht unbedingt beruhigt. Müller: „Wir haben pädagogische Mittel darauf hinzuweisen, dass der Weg der Salafisten nicht der richtige ist. Wir werden sehen, ob das erfolgreich ist.“

Strittig ist auch der Betreuungsschlüssel für die „MUFs“: Ein Betreuer kümmert sich um drei Flüchtlinge. Das hört sich erst einmal gut an, im 24-Stunden-Betrieb ergeben sich bei einer Regelarbeitszeit der Betreuer durchaus Lücken. Außerdem sorgten Aussagen für Verwirrung, dass schließlich auch Hauswirtschaftskräfte und Hausmeister vor Ort seien – professionelle pädagogisch geschulte Betreuer sind das gewiss nicht. Zudem ist es in diesen Zeiten gar nicht mal sicher, dass überhaupt alle ausgeschrieben Stellen besetzt werden können. Andererseits: Eine ideale Rundumversorgung der Flüchtlinge ist vermutlich nicht zu bezahlen. Zumindest würde es da erhebliche Widerstände geben, wie ein SPD-Abgeordneter am Rand der Sitzung vermutete.

In der Sitzung gab es auch Informationen zu anderen Unterkünften in Harburg. So soll auf jeden  Fall ein Wohnschiff für 200 Flüchtlinge an der nördlichen oder südlichen Kaimauer des Lotsekanals festmachen – mindestens für fünf Jahre. Auf dem Schiffsoll es auch Küchen und Gemeinschaftsräume geben. Der Standort soll im Wesentlichen davon abhängen, wo am leichtesten Strom-, Wasser- und Abwasseranschlüsse installiert werden können.

Neben der Zentralen Aufnahmestation (ZEA) in der Post am Harburger Bahnhof werden auf einer tieferliegenden Dreiecksfläche zurzeit Wohncontainer für 192 Flüchtlinge aufgestellt (Foto r.). 141014ContainerWeitere 300 Flüchtlinge sollen auf der Brache neben dem Elbcampus untergebracht werden. Ganz in der Nähe befindet sich ein kleines Wäldchen, in dem Obdachlose ein größeres Lager aufgeschlagen haben.

Für den FDP-Bezirksabgeordneten Carsten Schuster haben diese Informationen deutlich gemacht, dass „die Versäumnisse der letzten drei Jahre die Stadt und den Bezirk Harburg vor gewaltige Probleme stellen“. Überfüllte Zentrale Erstaufnahmen, fehlende Plätze in der öffentlichen Unterbringung und der Mangel an Wohnungen für Wohnungslose begegne der Senat ohne Konzept.

„ Befristete Notunterkünfte finden jederzeit unsere Unterstützung“, sagt Schuster. „Aber wir werden es nicht akzeptieren, dass das Bezirksverwaltungsgesetz unter der Anwendung von Polizeirecht generell außer Kraft gesetzt wird.“ ag