Bürgerbeteiligung: In der neuen Legislatur hakt es

Rathaus2Harburg – Das fängt ja gut an! In allen Wahlprogrammen (mit Ausnahme der CDU, die ohne  Programm um die Stimmen der Wähler warb) wird zwar Bürgerbeteiligung

groß geschrieben. Aber so richtig ernst nimmt das wohl keiner – weder das Bezirksamt noch die meisten Politiker machen den Eindruck, dass sie mit der neuen Legislatur alles besser machen wollen.

Schon bei der Information der Bürger (für die hoffentlich Politik gemacht wird) hakt es. Seit Tagen war das sogenannte „Ratsinformationssystem“ offline. Wer sich über Sitzungstermine oder Tagesordnungen der Fachausschüsse informieren wollte, musste sich in die Anfangszeiten des Internet zurückversetzt fühlen. Sozusagen: kein Anschluss unter diesem Link! Das „Ratsinformationssystem“, das in Harburgs Nachbargemeinde übrigens „Bürgerinformationssystem“ heißt, war nicht erreichbar. Rieckhof-Chef  Jörn Hansen macht seinem Ärger Luft: „Die Seite ist schon seit Tagen im Keller. Ich finde es sehr bedenklich, wenn sich der Bürger nicht mehr informieren kann.“

Bezirksamtssprecherin Bettina Maak versuchte, den schlechten Service zu erklären: „Wir müssen zurzeit jede Menge neuer Daten wie die Besetzung der Fachausschüsse eingeben. Da ist die Seite eben mal nicht erreichbar.“ Bleibt nur die Frage, ob das Bezirksamt mit vorsintflutlicher Software arbeiten muss. Jedes Content Management System, das nicht schon mehr als ein Jahrzehnt auf dem Buckel hat, bietet die Möglichkeit, massenweise Daten parallel und auch von mehreren Nutzern gleichzeitig einzugeben, ohne dass  die eigentliche Seite aus dem Netz genommen wird.

Ganz nebenbei kam dann noch heraus: Der Link ist in aller Stille geändert worden. Darüber sind zwar die Fraktionen unterrichtet worden, Bürger wie Jörn Hansen und alle anderen nicht. Das ist der neue Link: sitzungsdienst-harburg.hamburg.de/bi/allris.net.asp – per Zufall von harburg-aktuell.de entdeckt.

Und es geht weiter: Einige Fachausschüsse und auch der Hauptausschuss tagen wieder im Rathaus, Raum 118. Schön, dass alle Ausschuss-Mitglieder dort Platz finden! Für Bürger stehen aber nur drei, gelegentlich auch mal fünf Stühle zur Verfügung. Mehr gehen in diesen Raum nicht rein. Beschwerden von Bürgern werden in der Regel von den Ausschussvorsitzenden mit Schulterzucken beantwortet. Bürgerbeteiligung? Bitte wo?

Noch ein Beispiel gefällig? Da gibt es den Fachausschuss „Inneres, Bürgerservice, Verkehr“ – bisher mit strenger Hand von CDU-Hardliner Ernst Hornung geleitet. Jetzt hat Parteifreund Rainer Bliefernicht den Vorsitz übernommen. Seine erste Amtshandlung: Er lässt die September-Sitzung ausfallen. Begründung: „Es liegt nichts vor.“ Nach der parlamentarischen Sommerpause trifft man sich also erst im Oktober, dann noch einmal im November, dann ist erstmal Weihnachtspause. Und danach? Wahlkampf! Na klar, im Februar wird doch die Bürgerschaft gewählt. Was bleibt auf der Strecke? Zum Beispiel der Bürgerservice! ag

Veröffentlicht 5. September 2015