Nach Vorstand-Gezicke: Sind die Grünen ein zu unsicherer Partner?

RathausHarburg – Es schleppt sich. Sechs Wochen nach der Wahl zur Bezirksversammlung ist immer noch nicht klar, mit wem die SPD Harburg in den kommenden fünf Jahren „regieren“ will.

Klar ist nur: Die SPD hat ihre absolute Mehrheit verloren, mit jetzt nur noch 20 Mandaten bringt sie ohne Partner keinen Antrag durch. Da noch mindestens sechs Abgeordnete zur Mehrheit fehlen, kommen nur CDU (14 Sitze) und die Grünen (7) für eine Koalition in Frage. Also: wie im Bund GroKo oder wie ab Frühjahr 2015 wohl in Hamburg Rot-Grün?

Schon wenige Stunden nach der Wahl schien die Frage schon geklärt: Die SPD will endlich wieder Rot-Grün – für viele Genossen wäre das immer noch eine Liebeshochzeit, für sie sind die  Grünen der Wunschpartner. Die Liebe schien erwidert zu werden: Aus dem Hamburger Rathaus gab es klare, auffallend starke Signale von den Ober-Strategen der Grünen, und auch in Harburg sah man schon glänzende Augen.

SPD-Kreischef Frank Richter lud dennoch beide möglichen Partner zu Sondierungsgesprächen ein. Und es folgte die erste Überraschung: Der SPD-Kreisvorstand wollte sich nicht entscheiden, wollte in die Verlängerung. Richter lud noch einmal zum Sondieren ein, letzten Freitag mit den Grünen, heute, Dienstag, noch einmal mit der CDU.

Hatte der Wunschpartner plötzlich an Attraktivität verloren? Die SPD wollte sich dazu nicht öffentlich äußern, intern machte sie sich schon Sorgen über die Verlässlichkeit der Grünen. Ein Genosse wurde deutlich: „Das Gezicke um den Fraktionsvorstand hat uns irritiert.“ Die SPD weiß allzu gut, wovon sie redet, wenn sie von ihrem Koalitionspartner Geschlossenheit verlangt. Ob sie das selbst nach den – offenbar nur auf Zeit befriedeten – Machtkämpfen der vergangenen Monate leisten kann, steht in den Sternen. Kann so eine Koalition mit einer Mehrheiten von  nur zwei Stimmen fünf Jahre durchhalten?

Und plötzlich gibt es auch bei der CDU hier und da glänzende Augen. „Da tut sich was“, behauptete Kreisvize Rainer Bliefernicht noch am Wochenende. Und auch Kreis-Schatzmeister Harald Krüger sieht Rot-Grün noch lange nicht in trockenen Tüchern.

Was könnte eine Harburger GroKo bringen? Zunächst einmal eine satte Mehrheit. Die Gefahr, von einzelnen Abgeordneten erpresst zu werden, wäre zu vernachlässigen. Mit Ralf-Dieter Fischer hätte man einen Partner an der Seite, der nach Jahrzehnten in der Politik so abgebrüht ist, dass ihn nichts mehr schreckt – auch nicht ein polternder Senator. So eine Koalition mit der CDU wäre tatsächlich nicht ganz so stromlinienförmig wie Rot-Grün.

Allerdings schleppt die CDU ein riesiges strukturelles Problem mit sich herum. Und das ist ausgerechnet die Rolle ihres besten Manns: Ralf-Dieter Fischer. Politprofi durch und durch, erfahren, schlitzohrig, frech. Oft aber auch ohne Hemmungen und ohne Grenzen: So fand er überhaupt nichts dabei, seine CDU ohne Programm in die Wahl zu schicken. Das lese ja doch keiner. Fischer braucht ohnehin kein Programm. Im Zweifel fragt der Fraktionsvorsitzende Fischer den Kreisvorsitzenden Fischer. Und basta!

In einem Jahr soll Fischer ja den Kreisvorsitz an den Bürgerschaftsabgeordneten André Trepoll abgeben. So soll es bei der Kreisvorstandwahl im Frühjahr vereinbart worden sein. Fischer hatte das später schon wieder konterkariert, als harburg-aktuell.de ihn fragte, wie lange er im Amt bleiben wolle. Antwort: „Zwei Jahre.“ Auf Nachfrage hatte er aber auch gesagt: „„Ich muss nicht zwei Jahre Kreisvorsitzender bleiben. Voraussetzung für einen Wechsel ist, dass sich alle einig sind. Ich will keinen zerstrittenen Haufen hinterlassen.

Ob er deshalb zurzeit so streitfreudig ist? Seltsam, dass sich der sonst so souveräne „RaDiFi“ immer wieder auf Scharmützel mit Mitgliedern des Ortsverbands Harburg-Mitte einlässt. Erst wird der ehrenwerte Michael Hagedorn in die Wüste geschickt, dann wird behauptet, dass sei alles vorher besprochen gewesen, was Hagedorn wiederum heftig bestreitet. Dann wird der dienstältesten Abgeordneten Helga Stöver ein Platz in der ersten Reihe der Fraktion verweigert. Stattdessen sitzt mit Nachrücker Dr. Hanno Hintze ein Neuling ganz vorn. Vier Kerle in der ersten Reihe. Auch ein Signal!

Die SPD muss sich nicht überlegen, ob sie mit der CDU koalieren will. Ihr Partner hieße Fischer! ag

Veröffentlicht am 8. Juli 2014