Bezirksversammlung Harburg findet sich neu zusammen

140625BVHarburg – Zoff in der SPD, Zoff bei den Grünen, die FDP trifft sich vor dem Kadi – und zuletzt jagt die CDU einen verdienten und aufrichtigen Abgeordneten vom Hof: Es wurde höchste

Zeit, dass sich die Harburger Politiker nicht mehr mit sich selbst beschäftigen, sondern sich wieder um ihre eigentlichen Aufgaben kümmern. Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause hat man sich nun getroffen, um die Bezirksversammlung der 20. Wahlperiode zu konstituieren.

23 der insgesamt 51 Abgeordneten hattten womöglich sogar leicht erhöhten Puls, für sie war es die Premiere im Harburger Rathaus. Robert Timmann von der CDU ist auch neu, er saß aber früher schon einmal siebeneinhalb Jahre in der Bezirksversammlung, kennt den Betrieb also.

Eigentlich hätte sein Parteifreund Michael Hagedorn die Sitzung eröffnen müssen, da er zwar nicht der älteste, wohl aber der dienstälteste Volksvertreter gewesen wäre. Wenn ihn eine Mehrheit in der Fraktion noch gewollt hätte. Oder genauer: Wenn nicht eine Mehrheit seiner Fraktion den Machtspielchen ihres Kreis- und Fraktionsvorsitzenden Ralf-Dieter Fischer gefolgt wäre. Indes: Ein Bauernopfer ist Hagedorn gewiss nicht, Fischer hat – aus welchen Gründen auch immer – eine starke Figur aus dem Spiel genommen. Und damit auch gleich den jungen Robert Timmann beschädigt: Bei der Wahl zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bezirksversammlung bekam er nur 30 Ja-Stimmen. Fünf Abgeordnete stimmten mit nein, der Rest enthielt sich. Das war bestimmt kein Denkzettel für Timmann!

Tülin Akkoc von den Grünen dagegen glänzte bei der Wahl des Stellvertreters mit starken 41 Ja-Stimmen, nur zwei Neins und sechs Enthaltungen. Die meisten Abgeordneten kannten die Leiterin des Einbürgerungsprojekts „Ich bin Hamburger“ noch nicht, waren aber von ihrer frischen Vorstellungsrede beeindruckt.

Zuvor war Manfred Schulz in seinem Amt als Vorsitzender der Bezirksversammlung bestätigt worden. Er freute sich spürbar über die 45 Ja-Stimmen und kein einziges Nein. Vor Wochenfrist hatte Schulz noch um das von ihm sehr geschätzte Amt bangen müssen, als plötzlich Arend Wiese als „Nebenbuhler“ erschien. Nach seiner Attacke auf Fraktionschef und Spitzenkandidat Jürgen Heimath war Wiese von SPD-Granden bearbeitet worden und suchte nach einem „Trostpflaster“. Letztlich darf Scholz weiter repräsentieren, und Wiese ist in die Fraktionsspitze aufgerückt.

Bevor Scholz auf seinem angestammten Stuhl Platz nehmen durfte, hatte der Dienstälteste die Sitzung geleitet – nach dem Mandatsverzicht von Michael Hagedorn war nun Torsten Fuß an der Reihe. Im ungewohnten grauen Einreiher machte er gar keine schlechte Figur und wer ihn kennt, wusste, dass er nicht nur Allgemeinplätze von sich geben würde. Er erinnerte daran, dass die Bezirkswahlen bewusst von der Bürgerschaftswahl getrennt worden sind – nämlich um die Bezirke zu stärken. Er stellte allerdings auch fest, dass die Möglichkeit, unter vielen Kandidaten auszuwählen, vor allem dazu geführt hätte, dass diese die Stimmen von Freunden und Verwandten auf sich vereinen konnten. Mehr aber auch nicht.

Und in einem Nebensatz versteckt ließ Torsten Fuß durchblicken, dass eine rot-grüne Koalition in Harburg kein Selbstgänger ist – auch wenn aus Hamburg durchaus entsprechende Signale kommen. Tatsächlich hatte der SPD-Kreisvorstand am Abend vor der Bezirksversammlung beschlossen, nach den ersten Sondierungsgesprächen nicht etwa Koalitionsverhandlungen mit den Grünen zu führen. Nein, es soll vielmehr eine weitere Runde von Sondierungsgesprächen geben.

Bei der SPD ist man offensichtlich irritiert, was da in den vergangenen Tagen bei den Grünen gelaufen ist: Erst wurde Britta Hermann als Fraktionsvorsitzende gewählt, weitere Entscheidungen seien aber nicht getroffen worden. Dann, Tage später, wurde plötzlich das Rotationsprinzip „aus dem Hut gezaubert“ und verkündet, dass in zweieinhalb Jahren Kay Wolkau wieder Fraktionschef sei. Ein Genosse: „Wenn man denn rotieren will: Warum lässt man nicht erst den erfahreneren Wolkau ran und übergibt danach an Hermann?“ Es könnte noch ein politisch heißer Sommer werden. ag

Veröffentlicht 25. Juni 2014