Keine 3-Prozent-Hürde: Harburg droht Kleingruppenbezirksversammlung

RathausHarburg - Die monatlichen Sitzungen im großen Saal des Harburger Rathauses könnten künftig noch bunter werden: Das Verfassungsgericht hat die 3-Prozent-Hürde für die Wahlen zur Bezirksversammlung gekippt. Wohin das

führt, weiß noch keiner. Grünen-Fraktionschef Ronald Preuß hat schon eine böse Ahnung: „Da wird sich aber die NPD freuen.“

Tatsächlich wären nach den letzten Wahlen im Jahr 2011 die Rechtsradikalen und auch die Piraten mit jeweils einem Sitz in der Bezirksversammlung vertreten. Das ergab zumindest eine erste „Hochrechnung“. Was das konkret für die Mehrheitsverhältnisse in der Bezirksversammlung bedeutet hätte, hat noch keiner untersucht. Wahrscheinlich aber hätte die SPD ihre absolute Mehrheit verloren.

 

CDU-Kreischef Ralf-Dieter Fischer sieht die Entscheidung überaus kritisch: „Jetzt sind fünf Fraktionen in der Bezirksversammlung vertreten. Die Gerichtsentscheidung führt zu einer weiteren Zerstückelung, die Gefahr von Zufallsmehrheiten wächst.“ Fischer fürchtet, dass künftig nur noch große Koalitionen oder Dreier-Koalitionen die Regierungsfähigkeit sichern können.

Während die SPD-Bürgerschaftsfraktion ähnliche Befürchtungen hegt, will der Harburger SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath keine Gerichtsschelte betreiben: „Wenn die 3-Prozent-Hürde nicht mit der Verfassung zu vereinbaren ist, dann ist das eben so und wir müssen uns damit auseinandersetzen.“

"Der Verzicht auf jede Sperrklausel plus Rückgang der Wahlbeteiligung – wenn diese beiden Effekte zusammentreffen, wird die bezirkliche Demokratie handlungsunfähiger, sie wird geschwächt und nicht gestärkt", meint die Bürgerschaftsabgeordnete und SPD-Verfassungsexpertin Barbara Duden. Das sieht sie vor dem Hintergrund einer vermutlich viel niedrigeren Wahlbeteiligung, weil die Bezirkversammlung nicht mehr mit der Bürgerschafts-, sondern der Wahl des EU-Parlamentes stattfindet. Seit 1999 nimmt nicht einmal jeder zweite Wahlberechtigte in Deutschland dran teil. In Hamburg gab 2009 nur jeder dritte Wahlberechtigte seine Stimme bei der Europawahl ab.

Das Verfassungsgericht hatte betont, mit dem Urteil die Chancengleichheit für alle zu stärken. Dieses Ziel sieht FDP-Fraktionschef Carsten Schuster noch nicht erreicht: „Allein mit der Abschaffung der 3-Prozen-Hürde ist es nicht getan.“ ag