Rathaus
Das Harburger Rathaus. Foto: André Zand-Vakili

Corona sorgt für Transparenzdefizite in der Harburger Politik

Harburg – Die Zeiten, in denen die Harburger nur über Verlautbarungen des SPD-Kreisvorsitzenden Frank Richter und zwei knappe Pressemitteilungen

des Bezirksamts über das politische Geschehen hinter (aus Sicherheitsgründen) verschlossenen Türen unterrichtet werden, sollen nun bald enden. Politik und Verwaltung haben beschlossen, „zur Wahrung größtmöglicher demokratischer Transparenz“ zumindest Medienvertreter ab Mai wieder zu den Ausschusssitzungen zuzulassen.

Bisher ist diese Transparenz allerdings nicht gegeben. Beispiel: Am Dienstag hat der Hauptausschuss der Bezirksversammlung getagt – wie beschlossen wegen Corona in nicht öffentlicher Sitzung. Die Ansteckungsgefahr wäre sicher nicht größer gewesen, wenn die Sitzung im öffentlich zugänglichen Teil des Ratsinformationssystems angekündigt worden wäre. Samt der Tagesordnung, die vor allem der Öffentlichkeit und den Medien helfen soll, sich über die behandelten Themen nachträglich zu informieren.

Die Ausschusssitzung war aber nicht angekündigt und es gab auch keine Tagesordnung. Am Tag nach der Sitzung behauptete Jürgen Heimath, Vorsitzender der Bezirksversammlung, zwar noch das Gegenteil, dann entschuldigte er sich aber für das Versehen und versprach Besserung. Wenig später waren dann Ankündigung und Tagesordnung nachträglich zu lesen.

harburg-aktuell hatte zu dieser Zeit schon begonnen, einzelne Abgeordnete nach den Ergebnissen der Sitzung zu fragen. Sie verwiesen aber darauf, dass man sich darauf geeinigt habe,  eine zusammenfassende Pressemitteilung des Ausschussvorsitzenden Jürgen Heimath zu verschicken.

Bevor diese Mitteilung aber verschickt wurde, hatte SPD-Kreischef Richter schon eine Presseinfo zum Umgang des Bezirksamts mit Corona verteilt. Diese Info enthielt nicht nur einige Fakten, sie enthielt auch Richters Wertung des Ganzen. Das Problem dabei: Da die Sitzung nicht öffentlich war, konnte diese Wertung nicht überprüft werden. Das war eher nach dem Motto: „Friss oder stirb!“ Oder: Öffentlichkeitsarbeit von vorgestern, als noch nicht an Transparenz und schon gar nicht an „größtmögliche demokratische Transparenz“ gedacht wurde.

Der  SPD-Koalitionspartner zeigte sich dann auch überrascht. „Wir hatten uns doch auf eine gemeinsame Mitteilung aller Fraktion verständigt“, sagte Grünen-Fraktionsvize Jürgen Marek.

Leider brachte die Mitteilung, die später dann von der Pressestelle verschickt wurde, auch nur mäßige Transparenz. So wird zwar berichtet, dass insgesamt gut 70.000 Euro an soziale Institutionen und Initiativen verteilt wurden und dass die Anträge im Ratsinformationssystem nachzulesen sind. Das stimmt aber nicht, bis Donnerstagabend waren sie dort jedenfalls nicht zu finden. Es ist der Pressestelle offenbar auch nicht aufgefallen, dass die in der Mitteilung angegebene Drucksachennummer für den Antrag des Kulturhauses nicht stimmen kann.

In der Regel sorgt die Geschäftsstelle der Bezirksversammlung für zuverlässigen Service im Ratsinformationssystem. Doch sobald dort eine bestimmte Person verhindert ist, sei es durch Urlaub oder Krankheit, fühlt sich offenbar niemand mehr für „größtmögliche demokratische Transparenz“ zuständig. Die Verantwortung liegt letztendlich bei Dierk Trispel, Dezernent für Steuerung und Service. ag