Innenstadtdialog
Im großen Saal im Rathaus fand der Innenstadtdialog statt. Foto: André Zand-Vakili

Innenstadtdialog offenbart das Problem mit der Bürgerbeteiligung

Harburg – Noch ein Tunnel für Fußgänger und Radfahrer zwischen Innenstadt und Binnenhafen? Oder doch lieber eine Brücke? Wenn die

Bürger mitreden „dürfen“, wird es häufig kontrovers – wie in der „Dialogwerkstatt Harburg im Zentrum“. Vor allem aber enttäuscht so eine Veranstaltung  alle, die von echter Bürgerbeteiligung träumen. Das kann nur klappen, wenn sich die Bürger beteiligen, sprich: wenn sie kommen. Gut, der große Saal des Harburger Rathauses war zu Beginn des zweieinhalbstündigen Dialogs zumindest halbvoll. Darunter waren allerdings eine Reihe von wichtigen Menschen, die sich sehen ließen, ein paar Worte wechselten, dann aber auch wieder verschwunden waren.

Mag sein, dass die „Dialogwerkstatt“ auch nicht ausreichend angekündigt worden war. Der erste öffentliche Hinweis auf die Veranstaltung kam von SPD-Fraktionschef Frank Richter. Er hatte vor gut zwei Wochen bei Facebook ein Foto der Werkstatt-Broschüre mit Datum und Veranstaltungsort gepostet. Dabei war allerdings nicht ganz klar, ob er dies als Vertreter der SPD oder als noch amtierender Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses der 20. Legislaturperiode gemacht hatte.

Eine Woche später gab es dann eine Presseinfo des Bezirksamts. Ob und wieviele Plakate auf die Veranstaltung hingewiesen haben, ist nicht bekannt. Aufgefallen sind sie jedenfalls nicht. Schade, der Wille des Bezirksamts, mit möglichst vielen Bürgern zu diskutieren, auch mit denen aus anderen Kulturkreisen, war nirgends zu spüren.

Dabei hätte der Dialog ein volles Haus verdient. Alle klagen über eine heruntergekommene Harburger Innenstadt, über wenig attraktive Geschäfte, über zu viele Autos und über die ätzende Verkehrsader B73/Eisenbahn, die noch für viele Jahrzehnte Harburgs Kern in zwei Quartiere zerschnürt. Die meisten wissen aber auch, dass das weitesgehend Ergebnis des freien Spiels der marktwirtschaftlichen Kräfte ist. Einen Immobilieneigentümer interessiert die Rendite, weniger die Stadtentwicklung.
Sind Politik und Verwaltung also machtlos? Nicht ganz! Sie können zumindest die Rahmenbedingungen für das freie Spiel verändern.

Den ersten Impuls hatte der Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden gesetzt. Im Rahmen seiner Vision „Harburg 2020/2050“ präsentierte er einen Masterplan für die Harburger Innenstadt. Alles was man wollte, wenn man nur könnte. Ein Fokus lag auf dem Gebiet  zwischen Karstadt und B73, ein Wildwuchs aus Parkhaus, Tankstelle, Flachbauten und allerlei kleinteiligem Mischmasch.  Was hätte auch anderes entstehen sollen? Die Bebauungspläne aus den 60er- und 70er-Jahren hatten ein Gewerbegebiet und ein paar „Misch- und Kerngebiete“ als Planungsziel. Fast alles war erlaubt, nur kein Wohnungsbau.


Inzwischen gibt es andere Ziele. Die SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg stellte vor zwei Jahren – möglicherweise nach einer Einflüsterung von Baudezernent Jörg Penner – den Antrag, jene Bebauungspläne zu prüfen und sie möglicherweise zu ändern, damit Harburgs Innenstadt lebendiger und attraktiver wird. Der Antrag fand breite Zustimmung – und nun wird geprüft. Dabei sollen vier Planungsbüros und die Bürger helfen. Erste Ideen liegen auf den Tisch – wie die Betonung der historischen Achse vom Bahnhof Harburg über Lüneburger Straße, Schloßmühlendamm rüber in den Binnenhafen. Oder die Aufhübschung der „Magistrale“ B73/Bahn mit Alleebäumen und weniger Verkehr.

Für die wenigen Bürger, die sich beteiligen wollten, standen die Überwindung der Magistrale durch Tunnel oder Brücke, bessere Orientierungshilfen, Sauberkeit und eine Umgestaltung der Neuen Straße im Mittelpunkt. Da muss noch mehr kommen, sonst bestimmen Planungsbüros, Politik und Verwaltung allein, wie Harburgs Innenstadt umgebaut wird. ag