Rathaus
Das Harburger Rathaus, Sitz der Bezirksversammlung. Foto: André Zand-Vakili

Harburgs Politiker sortieren sich nach der Bezirkswahl

Harburg – Wenn nichts dazwischenkommt, wird Torsten Fuß (SPD) als dienstältester Abgeordneter am Dienstag, 25. Juni, die 21. Legislatur

der Bezirksversammlung Harburg eröffnen. Vorsicht ist geboten, denn bei der letzten Bezirkswahl im Mai 2014 war knapp drei Wochen vor der konstituierenden Sitzung längst nicht alles klar: So hatte Michael Hagedorn, einer der beliebtesten Harburger CDU-Politiker, überraschend auf sein Mandat verzichtet, weil ihn Kreischef Ralf-Dieter Fischer nicht mehr für das Präsidium  der Bezirksversammlung vorschlagen wollte.

In der SPD wiederum sollte Fraktionschef Jürgen Heimath gestürzt werden, die Rebellen um den stellvertretenden Kreisvorsitzenden Matthias Czech hatten den Neugrabener Arend Wiese als Gegenkandidaten aufs Schild gehoben. Die Attacke scheiterte – und hatte Folgen: Wenig später verließen Barbara Lewy und Anna-Lena Bahl die SPD-Fraktion und schlossen sich mit den Grünen-Renegaten Kay Wolkau und Isabel Wiest zur Fraktion Neue Liberale zusammen. Und Arend Wiese durfte zwar als Belohnung für seinen Verzicht in der ersten Reihe der Fraktion sitzen, wurde aber fünf Jahre später bei der Kandidatennominierung mit einem aussichtslosen Platz abgestraft.

Und heute? Obwohl – wie vor fünf Jahren – kurz nach der Bezirkswahl die Nominierungen für die Bürgerschaftswahl im Februar 2020 angesetzt sind, scheint in den Parteien alles ruhig zu sein. Jedenfalls dringt kaum etwas nach außen. Gerade SPD und CDU müssten sich angesichts ihrer massiven Verluste ernsthaft Gedanken machen, was sie falsch gemacht haben. Aber die Deutung, die Ergebnisse der Wahl zur Bezirksversammlung seien maßgeblich von der Europawahl beeinflusst worden, verhindern offenbar eine inhaltliche Auseinandersetzung. „Mehr Jugend“ und „mehr Digitalisierung“ – das ist bisher alles was aus dem SPD-Kreisvorstand und den CDU-Granden Ralf-Dieter Fischer und Uwe Schneider zu hören war.

Einige Genossen scheint der Abstieg von der absoluten Mehrheit (2011) über 38,6 Prozent (2014) auf 27,1 Prozent überhaupt nicht zu berühren. Sie tun bei informellen Anlässen – egal ob bei einem Vogelschießen oder beim Tresenschnack während des Binnenhafenfests – immer noch so, als sei die SPD die Hamburg-Partei, schlimmer noch, als gehöre die Stadt ihnen. Ihren Führungsanspruch begründen sie damit, dass die SPD in Harburg immer noch die stärkste Partei sei. Also mit den 3572 Stimmen, die sie mehr als die Grünen bekommen haben. Da nun jede Wählerin, jeder Wähler fünf Stimmen verteilen konnte, schrumpft das Plus (rechnerisch) auf 714 Personen. Und das bei  58.853 Wählenden. Ein äußerst magerer Vorsprung!

Wer genau hinhört, wird bei der CDU schon eher ein leises Grummeln vernehmen. Es ist kein Geheimnis mehr, dass nicht alle mit dem Führungsstil des neuen Kreisvorsitzenden Uwe Schneider einverstanden sind. Er mache alles alleine, spreche nur wenig ab, heißt es. Natürlich fällt ihm jetzt auch auf die Füße, dass er vor der Wahl den Mund ordentlich vollgenommen hatte. Als die CDU ihre Bezirksliste mit Ralf-Dieter Fischer auf Platz eins, Antje Jäger auf Platz zwei und Uwe Schneider auf Platz drei beschlossen hatte, verkündete Schneider forsch: „Wir treten mit einer Doppelspitze an“ und meinte die beiden Herren, die Dame fiel unter den Tisch.

Nach der Wahl konnte von einer Doppelspitze nicht mehr die Rede sein. Bei den Personenstimmen im ganzen Bezirk landete Fischer klar auf Platz eins, es folgten Rainer Bliefernicht, Helga Stöver, Antje Jäger, Brit-Meike Fischer-Pinz, Lars Frommann, Robert Timmann und dann erst Uwe Schneider. Gestärkt hat ihn das nicht gerade.

Wie geht es weiter? Bisher ist nur das bekannt: Der SPD-Kreisvorstand hat sich einstimmig für Sondierungsgespräche mit den Grünen ausgesprochen, inzwischen soll SPD-Kreischef Frank Richter auch den Vorstandssprecher der Harburger Grünen, Andreas Finkler, angerufen haben. Zu hören ist auch, dass einige „wichtige“ Grünen noch im Urlaub sind. Vor allem müssen sie sich erst einmal finden. Von 5 auf 14 Abgeordnete  – das kann einiges durcheinander wirbeln. Und die Neuen sind nicht unbedingt Neulinge. Fabian Klabunde zum Beispiel war seit 2011 Bezirksabgeordneter in Eimsbüttel, hat zuvor als zubenannter Bürger Erfahrungen gesammelt. Auch Rückkehrerin Heinke Ehlers weiß, wie man sich in Koalitionsverhandlungen behauptet.

Bevor allerdings über eine mögliche Koalition oder aber über den Modus „Wechselnde Mehrheiten“ beraten wird, müssen sich zunächst die sechs Fraktionen konstituieren und ihre Vorstände wählen. Dann sollten zumindest die drei stärksten Fraktionen ihre Vorschläge für das Präsidium der Bezirksversammlung machen. ag