Nachverdichtung: Negative Folgen für Bevölkerung sind vorprogrammiert
Der verdichtete Binnenhafen. Viele Freiflächen sind und müssen für Wohnungsbau verschwinden. Foto: André Zand-Vakili

Nachverdichtung: Negative Folgen für Bevölkerung sind vorprogrammiert

Harburg – Harburgs Chef-Stadtplaner Hans Christian Lied  sprach von der „Kunst des Dichtens“, aber

in der Wohnungsbaukonferenz 2018 im Elbcampus der Handwerkskammer ging es nicht um Poetik. Vielmehr wollten Politiker, Stadtplaner und Vertreter der Wohnungswirtschaft klären, wie in Hamburg 10.000 Wohnungen per anno gebaut werden können, ohne allzu viel Naturräume zu verbrauchen, anderseits aber auch zu verhindern, dass die Nachverdichtung bestehender Wohnviertel zu einem Verlust an Lebensqualität für die dort schon lebenden Menschen führt.

Ein Patentrezept gibt es nicht, wohl aber Ansätze, die Konflikte zu mildern. Einigkeit bestand in der Konferenz vor allem darüber, dass nach der von Ex-Bürgermeister Olaf Scholz losgetretenen Jagd nach immer höheren Zielzahlen für den Wohnungsbau nun endlich eine Qualitätsdebatte folgen sollte. Hamburg müsse seinen Charakter als grüne Stadt bewahren.

Hans Christian Lied gibt zu, dass Nachverdichtung für die aktuellen Bewohner „auch eine Einschränkung“ ist, sie biete aber auch Chancen, wenn es gelinge, die Urbanität zu steigern. Die Menschen möchten nicht in sterilen Neubauviertel wohnen, sie möchten viel mehr Angebote in den Straßen haben, kleine Läden, Plätze als Treffpunkt, mehr Raum.  „Mehr Raum kann es aber nicht geben, wenn alles zugeparkt ist“, sagt Lied. Deshalb müssten nicht alle Autos verschwinden, aber  Quartiersgaragen könnten dazu beitragen, den Menschen mehr Raum zu geben.

Cornelia Stolze, Leiterin der Harburger Landschaftsplanung, unterstrich diesen Ansatz. Man müsse die Menschen dabei unterstützen, dass sie sich die öffentlichen Freiräume aneignen, man könne zum Beispiel Wege nach bestehenden Trampelpfaden anlegen. Gleichwohl könnten auch in öffentlichen Räume Konflikte entstehen, nämlich dann, wenn unterschiedliche Nutzungen bevorzugt werden.

Baudezernent Jörg Penner, der vom Senat wohl immer wieder an den puren Zahlen im Wohnungsbau gemessen wird, war jedenfalls froh, dass in der Konferenz die Nachverdichtung nicht in Frage gestellt wurde, sondern nur überlegt wurde, wie „man die Nachverdichtung hinkriegt“.

Wie mühsam es sein kann, die Vorschläge für eine zeitgemäße Stadtplanung umzusetzen, zeigt das Beispiel Quartiersgaragen. Die beiden FDP-Bezirksabgeordneten Viktoria Ehlers und Carsten Schuster hatten im April 2015 ein Konzept für Quartiersgaragen gefordert. Ihr Antrag wurde mit den Stimmen der GroKo abgelehnt. Wenig später kam die SPD allerdings mit einem Antrag, in dem sie erst mal einen Bericht über den Parkdruck in Harburgs Innenstadt und Erfahrungen mit Quartiersgaragen oder ähnlichen Angeboten einforderte. Der Antrag wurde einstimmig angenommen, zur „weiteren Beratung“ in den Verkehrsausschuss überwiesen, um dort dann erst mal 21 Monate folgenlos zu bleiben.

Im November 2016 forderten die Neuen Liberalen ein Konzept für Quartiersgaragen. Die GroKo lehnte ihn ab. Im Januar 2017 schließlich wurde der Berichtsantrag der SPD aus dem April 2015 wieder hervorgekramt. Das Bezirksamt teilte mit, es habe „keinerlei Erkenntnisse über einen Parkdruck“, es sei dafür auch nicht zuständig, sondern die Innenbehörde. Zudem habe die GWG Gewerbe zwar eine Quartiersgarage im Phoenix-Viertel geplant, sie habe aber einen Zuschuss von 2,4 Millionen Euro gefordert. Das Geld könne aber nicht aus dem Sanierungsetat für das Viertel genommen werden, da „kein gebietsspezifischer Bedarf zu erkennen“ sei. Nach diesen Auskünften wurde der Antrag für erledigt erklärt.

Im März 2018 stellten die Neuen Liberalen noch einmal ein Konzept für Quartiersgaragen. Er wurde von der GroKo und der Linken abgelehnt. ag