Parteien wettern gegen Antrag der AfD auf Zuzugsstopp für Migranten
Ulf Bischoff von der AfD. Foto: Andre Zand-Vakili

Parteien wettern gegen Antrag der AfD auf Zuzugsstopp für Migranten

Harburg – Manche hatten sich schon verwundert die Augen gerieben: Der Parlamentsneuling hatte sich in den ersten vier Jahren der Legislatur

vor allem um Harburgs Bordelle und um Wildwechsel gekümmert, außerdem hatte die „Alternative für Deutschland“ versucht, das Stuttgarter Weindorf auf den Harburger Rathausplatz zu holen. Eigentlich doch ganz harmlos, oder?

Und nun plötzlich dies: Die AfD hat die Vorsitzende der Bezirksversammlung aufgefordert, sie möge doch dafür sorgen, dass die „negative Wohnsitzauflage für den Bezirk Harburg bewilligt wird“. Im Klartext: Asylstopp für Harburg! Die Situation im Bezirk habe sich zugespitzt – egal ob in den Schulen, den Kitas, bei den Ärzten oder auf dem Wohnungsmarkt. Und deshalb dürfe der Bezirk einfach keine Flüchtlinge mehr aufnehmen. AfD-Fraktionschef Ulf Bischoff: „Wir brauchen Zeit, das alles in Ordnung zu bringen.“

Grünen-Fraktionschefin Britta Herrmann hatte sich als Erste zu Wort gemeldet. Politik müsse sensibel, umsichtig und gerecht mit den Problemen umgehen, die AfD habe aber irgendwelche Halbwahrheiten zusammengewürfelt und mit dem Antrag „ihren menschenverachtenden Kern offengelegt“. Sie attestierte Bischoff: „Ihnen fehlt eindeutig die Reife.“

CDU-Chef Ralf-Dieter Fischer hielt den AfD-Antrag „eigentlich gar nicht für abstimmungsfähig“. So ein Fall sei in der Geschäftsordnung der Bezirksversammlung aber nicht vorgesehen, deshalb habe er sich den Antrag durchgelesen und danach gefragt: „Wo war eigentlich die AfD, als sich die Lage – auch durch Fehler von Frau Merkel – in Harburg zuspitzte und wir handeln mussten?“ Von der AfD habe es jedenfalls keine Lösungsansätze gegeben. Deshalb sei ihr aktueller Antrag auch „billige Effekthascherei“.

Die SPD-Fraktion hatte schon vor der Sitzung einen umfangreiche Pressemitteilung verschickt, in der sie alle Behauptungen der AfD zur Lage im Bezirk versuchte zu widerlegen. Fraktionschef Jürgen Heimath: „Wenn die Herren der AfD nun behaupten, dass eine Integration von Migranten in unverhältnismäßig hoher Anzahl im Bezirk Harburg nicht mehr geleistet werden könne, verstecken sie ihre Ressentiments gegenüber allem, was ihnen fremd ist, hinter einer schamlosen Sammlung von widerwärtigen Schutzbehauptungen. Integration ist eine Leistung, die seitens der hier seit Jahren lebenden Harburgerinnen und Harburger gemeinsam mit den hinzuziehenden Neubürgern bislang gelungen ist. Nicht immer perfekt, doch in beeindruckender Art.“

Als André Lenthe von der Linken zu Wort kam, war eigentlich alles gesagt. Dennoch stellte er noch einmal fest, dass es im Bezirk keine nennenswerten Probleme gebe: „Wir sollten eher die Chancen nutzen, die eine bunte Gesellschaft bietet.“ Und direkt an die AfD gewandt fügte er hinzu: „Unser Respekt wird immer größer sein als Ihre Menschenverachtung.“

Carsten Schuster meldete sich zum Schluss trotz knappster Redezeit für die beiden FDP-Abgeordneten zu Wort und machte sich über die AfD lustig: „Jetzt plötzlich fällt Ihnen ein: Upps, wir sind ja von der AfD und unser Markenkern ist Rechtspopulismus. Aber ist Ihnen auch mal aufgefallen, dass nicht jeder Migrationshintergrund gleich ein Problem ist?“

Ulf Bischoff hörte sich das alles – äußerlich regungslos – an und sagte kein Wort mehr. Außer den drei Herren von der AfD stimmten alle Abgeordneten gegen den Antrag. ag