Wohnungsbau ohne Parkplätze: In Harburg wird das gern gemacht
Wenn es zu eng wird, kommt, wie hier nahe der TU, der Abschlepper. Foto: mag

Wohnungsbau ohne Parkplätze: In Harburg wird das gern gemacht

Harburg – Seit Anfang 2014 ist in Hamburg kein Investor mehr verpflichtet, bei einem Neubau eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen auszuweisen. Ein Jahr

später wollte die CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg wissen, was diese Änderung der Hamburgischen Bauordnung überhaupt gebracht hat. Jetzt, im Januar 2018, hat Michael Munske, Leiter der Abteilung Oberste Bauaufsicht in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen, im Harburger Stadtplanungsausschuss einen ersten Überblick gegeben – dass es so lange gedauert hat, liegt nicht an Munske. Erst einmal mussten Daten gesammelt und bewertet werden, außerdem musste erst die Bürgerschaft über die Ergebnisse informiert werden.

Das wichtigste Fazit: Die Zahl der neuen Stellplätze ist zurückgegangen, aber nicht so stark wie befürchtet. Das gilt zumindest für das erste Jahr nach der Änderung, neuere Daten sind zunächst nicht ausgewertet worden. Munske: „In ganz Hamburg sind nach der Änderung immer noch mehr als 80 Prozent jener Stellplätze eingerichtet worden, die vor her Pflicht waren“. Im Bezirk Harburg sei diese Quote geringer, weil hier auch anteilig mehr Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gebaut worden sind.

Als Munske noch einmal den Anlass zur Änderung der Bauordnung einging, wurde es spannend: Damit Hamburg seine großen Ziele im Wohnungsbau erreichen kann, sollte möglichst nur noch „Notwendiges und Wirksames“ geregelt werden, zudem sollte alles gerechter geregelt werden und schließlich sollten „Fehlentwicklungen“ gestoppt werden. Fehlentwicklungen? Wenn Wohnungsunternehmen wie die SAGA größere Wohnhäuser bauen wollten, mussten sie auch viele Stellplätze anlegen. Munske: „Das Problem war nur, dass sie die Mieter nicht verpflichten konnten, diese Plätze auch zu mieten. Die haben ihre Autos lieber auf Parkplätze an der Straßen gestellt, da mussten sie nichts bezahlen.“

Damit ist klar: Wer sich über hohen Parkdruck in Wohngebieten beklagt, muss zunächst zwischen Stellplätzen und Parkplätzen unterscheiden. Das ändert nichts daran, dass es in einigen Quartieren immer wieder Ärger wegen der Parkplätze gibt – zum Beispiel im Hainholzweg, wo viele Anwohner ihre Autos auf die Straße stellen, weil sie keinen Stellplatz auf ihrem Privatgrund anlegen mussten. „Das erhöht nicht gerade die Verkehrssicherheit auf diesem stark frequentiertem Schulweg“, sagt die SPD-Bezirksabgeordnete Dagmar Overbeck.

Isabel Wiest von den Neuen Liberalen berichtete von Wohnquartieren, in denen kaum noch ein Rettungswagen durchfahren könne, in denen die Müllabfuhr ständig rangieren müsse, weil sich kaum einer an geltende Regeln hält und sein Auto dort abstellt, wo gerade Platz ist.

Dem Bezirksamt ist diese Problematik durchaus bekannt. Interessant, was das Harburger Bauamt schon 2013 in einer Stellungnahme zur geplanten Änderung der Bauordnung zu Papier gebracht hat: Demnach sei auch eine „erhebliche Toleranz der Polizei“ gegenüber Falschparkern für diesen Zustand verantwortlich. Baudezernent Jörg Penner: „Letztlich wird sich aber nur durch eine Bewirtschaftung der Parkplätze – zumindest im innerstädtischen Bereich – etwas ändern.“ Im Klartext: Wer parken will, muss zahlen. Für den Bereich rund um die Technische Universität Hamburg in Harburg hatte das Verkehrsplanungsbüro ARGUS schon in den 90er-Jahren kostenpflichtiges Anwohnerparken dringend empfohlen.

Das ist bisher nicht umgesetzt worden. Ob das an den zehn Jahren CDU-„Regierung“ in Harburg lag? Und an der GroKo? Die Denke der CDU machte zum Schluss ihr verkehrspolitischer Sprecher Rainer Bliefernicht deutlich: „Die Parkplatzsuche wird immer schwieriger. Der Bürger hat das Gefühl, er wird gegängelt. Und der Bürger wird gezwungen, seine Lebensweise zu überdenken.“ ag

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