Bessere Busverbindung: Anwohner fürchten "schreiende Kinder"

150911BusHarburg –Die Hochbahn will ihr Busnetz in Harburg „bedarfsgerecht weiterentwickeln“. Für den Bereich Rönneburg und Wilstorf hat sie eine Idee, die 3500 Bürgern

noch kürzere Wege zur nächsten Bushaltestelle bringen würde. Das klingt gut, aber Martin Böhmer, Systemplaner bei der Hochbahn, ahnte allerdings, dass die Idee „nicht ganz unproblematisch“ ist.

Stimmt! Zur Sitzung des Fachausschusses für Inneres, Bürgerservice und Verkehr, der diesmal im Rieckhof tagte, waren rund 50 Anwohner gekommen, um ihren Widerstand gegen Böhmers Idee deutlich zu machen. Sie wollen nicht, dass der Fuß- und Radweg zwischen den Kehren Gordonstraße und Radickestraße verbreitert wird, um dem 143er Bus den kurzen Weg durch das Wohnquartier zu ermöglichen. Die Verkehrsplaner früherer Jahre hatten noch alles getan, um den Durchgangsverkehr aus diesem Gebiet zu vertreiben.

Ob Busse, die nicht gerade im 5-Minuten-Takt durch ein Wohngebiet rollen, wirklich die Ruhe stört, sei dahingestellt. Hannelore Budde, die für die Anwohner spricht, hat schon klare Vorstellungen, was das bedeuten könnte: „Man braucht keinen Wecker mehr. Die Kinder werden frühmorgens schreiend im Bett stehen, wenn der Bus kommt.“

Isabel Wiest von den Neuen Liberalen sah noch eine andere Gefahr: Wenn der Fuß- und Radweg erst einmal ausgebaut sei, werde die Verbindung auch in den Navigationssystemen berücksichtigt. Wiest: „Und wenn dann auf der Winsener Straße Stau ist, rät das System zum zeitsparenden Umweg über Gordonstraße und Radickestraße.“ Und sie sah schon 38-Tonner, die sich in den Kehren hoffnungslos festgefahren haben. Denn eins ist klar: Sollte die neue Trasse kommen, würden bewegliche Poller, Schranken oder ähnliche Hindernisse nur Busse durchlassen.

Was Baudezernent Jörg Penner bei den Ausführungen von Isabel Wiest gedacht hat, ist nicht bekannt. Aufmerksame Zuhörer konnten zwar ein geflüstertes „Schwachsinn“ wahrnehmen, noch deutlicher war es ihm anzusehen, was er von den Argumenten der Neuen Liberalen hielt. Er mag sich auch an die unendlichen Diskussionen erinnert haben, die er als verantwortlicher Baudezernent, aber auch als Mitglied der Harburger Grünen mit Isabel Wiest, die damals noch seine Partei-„Freundin“ war,  über die Verkehrsberuhigung im Straßenzug Jägerstraße/Vogteistraße geführt hat.

Als Grüner will Penner aber auch den Öffentlichen Personennahverkehr fördern und ausbauen. Und deshalb steht er auch hinter dem Antrag, den die Harburger Grünen schon im Juli gestellt hatten. Sie befürworten eine Änderung des Bebauungsplans, um die Bustrasse möglich zu machen. Es seien aber auch die Sorgen der Anwohner ernst zu nehmen. Deshalb soll zwar eine gefahrlose Begegnung von Bus und Radfahrer möglich sein, zwei Busse sollten sich in diesem Bereich aber nicht begegnen können.

„Diesen Antrag haben wir im Hauptausschuss längst abgelehnt“, verkündete Ausschussvorsitzender Rainer Bliefernicht plötzlich. Damit sei die ablehnende Haltung der GroKo deutlich geworden. Diese Information war indes nicht ganz richtig. Der Antrag der Grünen war „ohne Annahme“ zur weiteren Beratung in den Fachausschuss überwiesen worden.

Unterdessen hat auch die CDU noch schnell einen Antrag gestellt. Jetzt sollen erst einmal die Kosten dieser Maßnahme ermittelt werden, außerdem soll geklärt werden, ob ein „komplikationsfreier“ Betrieb der Poller möglich ist und wie sich die Bustrasse auf die Parkplatzsituation auswirken würde. Danach soll zu einem Bürgergespräch eingeladen werden. Martin Böhmer von der Hochbahn hatte es geahnt: Die Sache ist „nicht ganz unproblematisch“. ag