Jochen Gerz - Der Konzeptkünstler überzeugt sich vom Zustand des Mahnmals gegen den Faschismus
Jochen Gerz mit Museumsdirektor Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss Foto: André Lenthe

Konzeptkünstler Jochen Gerz besuchte sein versenktes Mahnmal

Harburg - Er ist ein schmächtiger, hagerer Mann, die Haare kurz geschoren und fast etwas schüchtern wirkend: der Konzeptkünstler Jochen Gerz (79).

Genau 19 Jahre ist sein letzter Harburg Besuch her, jetzt nimmt er sich die Zeit mal wieder nach seinem Kunstwerk, dem „Harburger Mahnmal gegen Faschismus“, zu schauen. Der gebürtige Berliner, hat fast sein ganzen Leben in Frankreich verbracht und jetzt in Irland lebt, ist aktuell auf der Durchreise.
 
Gerz lobt das Bezirksamt, der Erhaltungszustand sei gut und durch den Austausch des Fensters durch ein Metallgitter, in der Fußgängerunterführung vom Sand zum Rathausplatz, sei auch die Sichtbarkeit verbessert worden. Man habe sich 1986 ganz bewusst für die Achse der zwei zentralen Plätze Harburgs entschieden. „Nur die Vegetation muss etwas zurückgeschnitten werden, die war früher nicht so hoch und verhindert jetzt den Blick auf die leere Stelle, an der früher die zwölf Meter hohe bleiummantelte Stehle stand“, meint der Konzeptkünstler.
 
„Die Stehle in Harburg ist mein Kunstwerk über das am meisten geschrieben und diskutiert wurde“, sagt Gerz. „Ich kann mich noch an die lebhafte Diskussion in Zivilgesellschaft und Bezirksversammlung erinnern. Damals wollten die Harburger ein Mahnmal, dass wie ein Stich ins Herz wirkt. Genau das hat die Stehle erfüllt und jetzt ist sie im Boden versunken.“ Bis zur vollständigen Absenkung am 10. November 1993 haben sich über 60.000 Menschen beteiligt und eine Beschriftung hinterlassen.
 
Harburgs Museumsdirektor Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss stellte die entscheidende Frage: „Wie lange soll das Mahnmal noch erhalten bleiben?“ Die Antwort des Künstlers: „Sobald es keinen Nährboden mehr für Faschismus und Populismus gibt, kann die Stehle entfernt werden.“ „Also noch ewig“, glauben die anwesenden Harburger Bezirksabgeordneten Ralf-Dieter Fischer (CDU) und Heiko Langanke (Die Linke) unisono.
 
{image}Die Harburger Bezirksversammlung faste im Januar 1983 zum 50. Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung einstimmig den Beschluss zur Errichtung eines Mahnmals gegen Faschismus in Harburg. Am 10. Oktober 1986 wurde das ursprünglich 12 Meter hohe Denkmal schließlich auf einer Empore, zwischen Rathausplatz und Sand, durch Ester Shalev-Gerz und Jochen Gerz übergeben. Bis zum 10. November 1993 wurde die Stehle in acht Schritten im Boden versenkt. Heute erinnert nur noch eine abschließende Bleiplatte und zwei Gedenktafeln an das Mahnmal. al