Stadt kann nicht die Finger von Niemandes Land lassen

160520Niemand2Harburg – Eine Anfrage der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Harburg hat ein außergewöhnliches Kunstwerk wieder in den Blick gerückt: Wer hat Niemandes Land

verändert?  Diese Frage hatte Heiko Langanke, Sprecher von SuedKultur im Kulturausschuss gestellt. Da aber „normale“ Bürger keine Anträge stellen dürfen, hatte CDU-Chef Ralf-Dieter Fischer dies übernommen.

In den 90er-Jahren hatte Harburg mit einem Kunstwerk von Piet Trantel weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Der Künstler hatte an der Bremer Straße im Bereich Zugang zum alten Friedhof einen quadratischer Ringwall mit einer Seitenlänge von zwölf Metern und einem Böschungswinkel von etwa 45 Grad aufschütten lassen und es „Niemandes Land“ genannt. Der Titel war Programm: Die Stadt Hamburg verzichtete offiziell auf die 144 Quadratmeter im Eingangsbereich des Alten Friedhofs und löschte das Flurstück 4842  aus dem Grundbuch. Und  auch die Kommunalpolitik zeigte Verständnis: Sie zeichnete Piet Trantel mit dem Harburger Kulturpreis aus.

Seither ist das Kunstwerk weitgehend in Vergessenheit geraten. Und es wäre längst von Gras und Kraut überwuchert, wenn der Bezirk nicht regelmäßig für „Ordnung“ sorgen würde. Das Gras wird gemäht, und als ein Unbekannter mal mitten in Niemandes Land eine kleine Erle gepflanzt hat, ist auch sie bald wieder verschwunden. Damit hat der Bezirk allerdings eindrucksvoll bewiesen, wie wenig verbreitet in seinen Amtstuben echtes Kunstverständnis ist.

Dabei hätten die Herren der Rasenmäher nur einmal einen Blick in das Konzept von Piet Trantel werfen müssen: „.Durch meinen bildhauerischen Eingriff in das Stadtgebiet beabsichtige ich, dem All ein Winziges von dem, was wir so frech und selbstverständlich nutzen, zurückzugeben, damit es dann niemandem gehöre und nie wieder berührt würde.“ Auch auf Nachfragen hat der Künstler immer wieder betont, dass auf den 144 Quadratmetern von Niemandes Land „keine gartenpflegerischen Maßnahmen“ durchgeführt werden sollen.

Bei der Einweihung des Kunstwerks 1993 hatte Hamburgs damaliger Umweltsenator Fritz Vahrenholt zumindest geahnt, welche Dimensionen die Idee für Niemandes Land hatte: „Dass Politik und Verwaltung symbolisch über den Schatten springen, den sie normalerweise auf alles werfen, gehört ja zum Plan von Piet Trantel.“

Doch offenbar ist nicht nur Rasen gemäht worden. Langanke hatte den Eindruck, da sei noch mehr gemacht worden. Das hat das Bezirksamt jetzt aber bestritten. In der Antwort auf die Anfrage heißt es lapidar: „Das Kunstwerk wurde seit seiner Herstellung nicht verändert.“ Denn: Veränderungen an dem Kunstwerk dürfen nur vom Eigentümer in Abstimmung mit dem Künstler vorgenommen werden. Das wirft neue Fragen auf, zum Beispiel: Wer ist der Eigentümer von Niemandes Land? Und: Ist Rasenmähen keine Veränderung? ag