Bleifernicht: Harmonischer Auftritt im eigenen Feindesland

Harburg – Der Sündenfall ist nun schon mehr als 15 Jahre her. Aber dass die „einfache“ Bezirksabgeordnete Helga Stöver 2001 mit Hilfe des CDU-Landesausschusses den scheinbar allmächtigen Ralf-Dieter Fischer vom Spitzenplatz für die anstehende Bezirksversammlungswahl kickte, hat dieser bis heute – unchristlich unversöhnlich – nicht vergessen. Statt mit Geschlossenheit ein Wahlergebnis anzustreben, das den Anspruch eine Volkspartei zu sein, besser unterstreichen würde als der peinliche Minusrekord bei der letzten Bürgerschaftswahl, lassen Fischer und seine treuesten Vasallen keine Gelegenheit aus, nicht nur Helga Stöver, sondern auch ihre Tochter, die Bürgerschaftsabgeordnete Birgit Stöver, ja sogar den kompletten Ortsverband  Harburg-Mitte  auszugrenzen und politisch zu isolieren – obwohl dieser Ortsverband der mitgliederstärkste des gesamten Bezirks ist.

Da war es umso bemerkenswerter, auf der Einladung des monatlichen Stammtischs von Harburg-Mitte den Kreis- und Fraktionsvize Rainer Bliefernicht aus Marmstorf zu finden, der gewöhnlich mit Fischer an einem Strang zieht. Auch wenn es gegen die Stövers geht. Als verkehrspolitischer Sprecher der Bezirksfraktion sollte Bliefernicht über die zunehmend nervende Verkehrssituation in Harburg mit immer wieder neuen Sperrungen, Staus und Umleitungen berichten – für einen Bezirkspolitiker, der zum einen in Harburg mit der Senatspartei SPD koaliert und die Geschicke des Bezirks mitgestaltet, die es aber auch hinnimmt, dass die CDU in Harburg ungestraft Opposition spielen darf, eine Steilvorlage.

Doch nachdem Helga Stöver zu Beginn des Stammtischs das umfangreiche Ausflugsprogramm des Ortsverbands vorgestellt und damit wieder einmal eindrucksvoll bewiesen hatte, wie man den Mitgliedern  nicht nur eine politische Heimat bietet, schlug Bliefernicht neue Töne an: „Dieser Ortsverband leistet mit diesem Angebot etwas, was in Hamburg wohl einzigartig ist.“  Ein Lob für die Stövers!

Nach einer kurzen tour d’horizon über marode Brücken, A26-Ost und allerlei Engpässe ging es ins Detail. Eine CDU-Frau beklagte sich: „Wenn ich nach Rönneburg will, muss ich durchs Moor. Und da kommt man über den Wurzeln ordentlich ins Springen.“  Insider wussten sofort, was gemeint ist, nämlich der Schleichweg vom Großmoordamm rüber zur Siedlung Kanzlershof. Der Kanzlershofer Weg ist längst ein Sicherheitsrisiko, weil die Wurzeln der Straßenbäume zunehmend unterwandern. Das Problem: Die Straße bildet die Grenze zwischen Hamburg und Niedersachsen. Wer ist das überhaupt zuständig? Vor allem: Wer hat ein Interesse an der Pflege der Straße. Erschwerend kommt hinzu: Der westliche Straßengraben ist Bahn-Land. Sie braucht den Graben zur Entwässerung des ehemaligen Bahndamms entlang der Siedlung Kanzlershof.

Überhaupt: Die Verbindungen zum Umland seien miserabel. Überall dränge sich der Gewerbeverkehr aus Niedersachsen – zum Beispiel auf der Maldfeldstraße. Und schon war Bliefernicht bei seien Lieblingsthemen: „Auch wenn man mich deshalb immer wieder belächelt, aber wir brauchen Gemeinderechte für den Bezirk. Erst dann können wir auf Augenhöhe mit unseren Nachbarn in Seevetal die Dinge regeln.“ Und: Jetzt räche sich, dass Hamburg im Süden der Stadt auf den Bau eines Straßenrings verzichtet habe.

Das Schlussbild: Unter den Mitgliedern des CDU-Ortsverband Harburg-Mitte war man sich einig. Hamburg verschwende Steuergelder, eine sinnvolle Verkehrsplanung gebe es nicht. Und: Die Sozis können es eben nicht. Und: Beifall für Bliefernicht! ag