Wedemann
Die Filiale von Wedemann am Veritaskai im Binnenhafen Harburg Foto: André Zand-Vakili

"Herzlos-Ticket" doch nicht so herzlos: Behörde schildert Fall aus ihrer Sicht

Harburg - Ist das "Herzlos-Ticket" gegen ein älteres Ehepaar doch nicht so herzlos? Anfang Juni waren bei einer Corona-Kontrolle des Bezirksamtes bei der Bäckerei Wedemann am Veritaskai ein Mann (85) und seine 100prozentig schwerbehinderte Frau (86) angetroffen worden, die so die Kontrolleure, sich nicht in die Kontaktdatenliste eingetragen hätten. Der Fall hatte hohe Wellen geschlagen. Jetzt nimmt die Behörde Stellung, die eine anderen Ablauf schildert, als das Ehepaar. Das geht aus der Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der AfD hervor. In der Antwort schildert das Amt die Version der Kontrolleure.

Laut Kontrolleuren war der Ablauf so: "Bei der gegen 14:15 Uhr durchgeführten Kontrolle befand sich das Ehepaar auf der gastronomisch bewirtschafteten Terasse des Betriebs in einem Strandkorb, am Tisch vor sich Speisen, die sie konsumierten. Daraus war zu schließen, dass die Personen nicht gerade erst angekommen waren, sondern sich schon länger im gastronomischen Bereich aufhielten. Auf Nachfarge durch die Mitarbeitenden gaben sie an, ihre Kontaktdaten beim Personal auf einem Zettel hinterlegt zu haben.

Bei der im Anschluss gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Bäckereibetriebes durchgeführten Sichtung der vom Betrieb für diesen Tag bislang gesammelten Kontaktzettel wurde festegstellt, dass für das Ehepaar gar keine Kontaktdaten erfasst waren. Darauf wurde das Ehepaar dann durch die Bezirksamts-Mitarbeiter angesprochen. Abweichend von der zuerst gemachten Angabe wurde durch das Ehepaar nun erklärt, dass sie in der Bäckerei öfter essen würden, sie daher davon ausgingen, dass dort schon ihre Kontaktdaten vorhanden wären und sie eine Registrierung bei jedem Besuch als nicht erforderlich ansehen.

Nach Eindruck der Bezirksamts-Mitarbeiter zeigte sich das Ehepaar im Hinblick auf die Kontaktdatenpflicht gemäß Eindämmungsverordnung - die ja auch Angaben zum Zeitpunkt des Besuchs erfasst, um so später Kontakte überhaupt nachverfolgen zu können - uneinsichtig."

Auch zum Ermessensspielraum, den die Beamten bei Bußgeldern haben, äußerte sich die Verwaltung. "Grundsätzlich liegt es im Ermessen der die Kontrollen durchführenden Mitarbeitenden, ob sie festgestellte Verstöße gegen Vorgaben der Eindämmungsverordnung zur Bußgeldanzeige bringen. Hierbei soll ein einheitlicher Maßstab angelegt werden. Bei der Entscheidung, ob ein Verstoß zur Anzeige gebracht wird, ist daher unter anderem leitend, ob die Pflicht, gegen die verstoßen wurde, den Betroffenen bekannt war und damit von einem vorsätzlichen Handeln oder Unterlassen auszugehen ist", heißt es in der Antwort. Und weiter: "In Fällen, in denen vorsätzlich oder wissentlich gegen die dem Infektionsschutz und damit der Eindämmung der Pandemie dienden Vorgaben der Eindämmungsverordnung verstoßen wurde, hält das Bezirksamt die Verhängung von Bußgeldern grundsätzlich für vertretbar."

Das Ehepaar soll zusammen eine Strafe von 357 Euro zahlen. Deren Schilderung, die sie zuerst gegenüber der Bild-Zeitung abgegeben hatten, weicht von der Darstellung des Bezirksamtes ab. Nach der dortogen Schilderung musste die an Demenz erkrankte Frau schnell auf die Toilette. Als sie zurück in den Ladenbereich kamen, sei dort ein Beamter gewesen, der die unvollständig ausgefüllte Kontatdatenliste bemängelte.

"Für das Bezirksamt sieht der Sachverhalt anders aus, als er sich bislang dargestellt hat", so Matthias Arft von der AfD. "Welche Hergangsdarstellung der Relität näher kommt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich eines Erachtens auch bei der Darstellung des Bezirksamts." zv