Mitten in der Corona-Krise: Bezirksamt Harburg suspendiert Gesundheitsamtsleiter - Spekulationen um die Gründe
Das Gesundheitsamt Harburg. Foto: Andre Lenthe Fotografie

Leiter "beurlaubt": Aber Gesundheitsamt sucht händeringend Personal

Harburg - Jetzt wird absurd. Während der Leiter des Harburger Gesundheitsamtes, Dr. med. Robert E. Wegner,

im offenbar unfreiwilligen "Urlaub" ist, sucht die Behörde händeringend in der Coronakrise nach Ärzten. Unter der Überschrift "Werden Sie Krisenmanager" wird für die Bezirksämter, auch Harburg, nach "geeigneten" Medizinern gesucht.

"Werden Sie ein Teil des Teams und helfen Sie mit bei der Eindämmung der aktuellen Pandemie. Sie erleben die praktische Umsetzung des Infektionsschutzes vor Ort im Gesundheitsamt und in einem akuten Ausbruchsgeschehen", heißt es in der Ausschreibung.

So richtig wählerisch ist man nicht. Man nimmt auch gern "Berufseinsteiger" und sogar Hochschulabsolventen ohne Approbation. Dabei verlässt man auch die üblichen Regularien. Die Neueinsteiger werden mit einem "Sonderarbeitsvertrag" wie ein Facharzt bezahlt.

Geradezu irritierend wirken angesichts der Vorgänge im Harburger Bezirksamt die Anforderungen. Das gesuchte Personal soll "belastbar" sein, "ausgeprägte  Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten" oder die "Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten" haben.

Harburgs Leiter des Gesundheitsamtes war mitten in der Coronakrise von der Behördenleitung ganz offensichtlich kalt gestellt und, wie in einem Ausschuss der Bezirksversammlung heraus kam, ohne Urlaubsantrag für zwei Monate aus dem Dienst genommen worden. Die "Beurlaubung" von Wegner, die von der Verwaltung als normaler Vorgang dargestellt wird, der im Rahmen der Fürsorgepflicht wegen Überstunden und Resturlaub vorgenommen wurde, hatte bei der Opposition Kritik ausgelöst. Die SPD hatte sich hinter die Maßnahme gestellt. In einer Pressemitteilung hatten die Sozialdemokraten das Gesundheitsamt, für das jetzt händeringend nach Medizinern gesucht wird, als "gut aufgestellt für die aktuelle Situation" bezeichnet und die Kritik an der Beurlaubung als "vermeintlichen Skandal" tituliert, der "konstruiert werden sollte".

Wegner war behördenübergreifend als herausragender Krisenmanager bezeichnet worden. Er hatte das sogenannte Fast Track-System eingeführt, mit dem Polizisten und Feuerwehrleute in Verdachtsfällen auf Corona getestet wurden. So konnten längere Ausfälle durch Quarantänen vermieden werden. In Harburg verhinderte Wegner die Ausbreitung des Virus durch enge und schnelle Entscheidungen und unkomplizierte Kooperation mit anderen Behörden, wie der Polizei. So wurden in Harburg angesichts drohender Ansteckungsgefahr in der ersten Phase der Coronapandemie als erstes die Hochzeitssäle geschlossen.

Das Harburg einen geeigneten Mediziner wie Wegner bekommt, ist eher unwahrscheinlich. Mit Wegner hatte man für den Schutz der Bevölkerung einen versierten Fachmann. Wegner hat während seines Medizinstudiums in Hannover Bevölkerungsmedizin als Schwerpunkt gehabt, zu der auch der Bereich Epidemiologie gehört. zv