Ausgrabungen an der Schlossstraße: Archäologen stießen auf "Schatzkammer"

120807FundstueckLBinnenhafen„Der Boden ist ein Archiv in dem, wenn man es lesen kann, jede Information enthalten ist.“ Dieser Satz trifft auf die Harburger Schlossstraße besonders gut zu. 2700 Fundnummern haben die Archäologen des Helms-Museums bereits

verteilt. Teilweise sind es außergewöhnliche Funde, die vorsichtig aus dem Boden gegraben werden.

Pilgerabzeichen, eine 500 Jahre alte Schere, gut erhaltene Schuhe, Teile von Kettenhemden, die damals so viel kosteten, wie ein Durchschnittsbewohner in vier Jahren verdiente, Musketenkugeln und Armbrustbolzen werden wie Unmengen von Scherben gefunden. Die Stücke erzählen von dem Reichtum und der Besonderheit des Standortes, der in einem Umkreis von 50 Kilometern der einzige Elbübergang war, von wütenden Nachbarn nördlich der Elbe, die immer mal wieder anrückten und von wohlhabenden Bürgern, die einmal an dieser Stelle an der Schlossstraße auf dem 15 mal 21 Meter großen Grabungsareal gelebt haben.

Fünf Meter tief soll es in den Boden gehen. Es ist Schicht für Schicht eine Zeitreise in die Siedlungsgeschichte Harburgs, die im 13. Jahrhundert begann. Fünf Häuser haben in der Zeit an der Stelle gestanden. Das wissen die Archäologen bereits aus Bohrungen. Es waren wohlhabende Menschen, die dort lebten. Glasscheiben, sogar bemalt, zeugen davon. „Fenster konnten sich nur die Bewohner der Bürgerhäuser leisten“, sagt Ausgrabungsleiter Philip Lüth.

Bemaltes Glas war Kirchen oder besonderen Gebäude vorbehalten. Solche standen an der Schlossstraße. Drei der Häuser sind abgebrannt. Zwei wurden abgerissen. Gebaut wurde immer auf dem Fundament des letzten Gebäudes. So wuchs dort der Boden in die Höhe. In ihm sind die Zeugen der Zeit eingeschlossen. „Es ist der feuchte, tonige Boden, der alles so gut erhält“, sagt Rainer-Maria Weiss, Chef des Helms-Museums. Dieser Boden hält die Luft fern von den Stücken, lässt sie so ungewöhnlich gut die Jahrhunderte überdauern. „Wir haben hier deshalb ungewöhnlich viele Metallobjekte“, sagt Weiss.

Auch organische Stoffe, wie Schuhe aus Leder oder selbst Stoff, blieben in dem Boden erhalten. Solche Funde sind selten. Aber das Archäologen-Glück ist auch des Archäologen Leid. Erst die Hälfte der Grabungen ist geschafft. „Wir erwarten in den unteren Schichten noch mehr und sehr außergewöhnliche Funde“, sagt Weiss. Doch was der Boden konservierte, muss jetzt der Mensch erhalten. Kaum an der Luft, beginnt der Zerfall der Fundstücke. „Unsere Museumsrestauratoren werden auf Jahre viel zu tun haben“, sagt Weiss. zv