Der Ex- Vizekanzler, Ex-Sponti und Ex-Polizistenschreck beim Inno-Talk
Joschka Fischerk beim Inno Talk. Foto: André Zand-Vakili

Der Ex- Vizekanzler, Ex-Sponti und Ex-Polizistenschreck beim Inno-Talk

Bostelbek –  Der Brexit und der Wahlsieg von Trump weisen die Richtung: 300 Jahre hat der Westen bestimmt, wo es lang geht, hat dem

Rest der Welt – meist auf dessen Kosten – gezeigt, wie gut es sich im Wohlstand leben lässt. Und nun befinden wir uns mitten in einer globalen Transformation. Jetzt geht es in eine andere Richtung. China, Indien und andere asiatische Volkswirtschaften sind nicht mehr zu bremsen. Man ahnt es längst, da kommt ein Ex-Vizekanzler und Außenminister gerade recht, diese Ahnungen auszusprechen und damit Realität werden zu lassengeplante Dauer: zehn Minuten. Joschka Fischer war da!

{image}Gregor Gysi, Reinhold Messner, Sascha Lobo und nun der ehemalige Sponti und Polizistenschreck Fischer – ein eindrucksvolle Liste von Influenzern, die Christoph Birkel und sein Team vom hit Technopark zu den jährlichen INNO-Talks aufgeboten haben. Fischer wollten viele sehen und hören, der Saal war lange vorher ausgebucht, eine auffallend hohe Turnschuh-Quote im Publikum, aber das mag Zufall gewesen sein. Schade, dass außer der örtlichen Grünen-Prominenz Jörg Penner und Britta Herrmann kaum Politiker dabei waren, die SPD-Granden waren allerdings entschuldigt: Sitzung des Harburger Kreisvorstands mit Tagesordnungspunkt „neuer Bezirksamtsleiter“.

„Was geht hier eigentlich ab“, fragte Fischer in die Runde. Es gehe uns so gut wie nie zuvor, und doch machten sich die Skeptiker breit. Plötzlich seien Protektionismus und Nationalstaaten gefragt, damit werden Volksabstimmungen und Wahlen gewonnen. Fischer: „Und dann sagt Trump: Make America great again.“ Was für eine Ironie! In dem er Amerika abschotte, beschleunige er eine andere Entwicklung: Wenn China nicht heute schon die größte Volkswirtschaft ist, dann werde sie es eben morgen. In Wahrheit mache Trump „China great again“.

Das passiere nicht irgendwann, es passiere jetzt. Fischer: „Und wir müssen uns fragen: Was wird aus uns? Dabei ist das Wir entscheidend!“ Die europäischen Staaten könnten sich nur gemeinsam behaupten. Die Richtung ändern könnten sie es nicht, sie könnten aber nur gemeinsam verhindern, völlig unterzugehen.

„Ich bin ein Grüner“, sagte Fischer. „Aber in einem Punkt habe ich nie die Meinung meiner Partei geteilt: Wir brauchen den Freihandel, denn der finanziert unseren Wohlstand und er finanziert unsere Bildung.“ Nichts sei mehr so wie früher, das müssten wir allerdings auch zur Kenntnis nehmen. Früher habe man sich nicht dafür interessiert, wenn in China ein Sack Reis umgekippt sei. Heute, in Zeiten, in denen sich Informationen in Lichtgeschwindigkeit um die Welt verbreiteten, könnten wir sehen wie der Sack Reis umkippt.

Fischer wird bald 70, in seiner Jugend gab es zwei Milliarden Menschen, heute seien es mehr als sieben Milliarden. „Die Welt wächst, nur Europa schrumpft“, sagte Fischer. „Aber wir sind gegen Einwanderung.“ Von einer Sekunde auf die andere verließ Fischer die Rolle des elder statesman und fügte hinzu:  „Wer den Herrn Gauland eines Tages mal pflegen soll, weiß er wohl auch nicht!“

Während Europa sich mit sich selbst beschäftige, mache sich die Welt auf und davon. Es gebe zum Beispiel keine bedeutende digitale Handelsplattform aus Europa. Die Welt handele mit Amazon oder Alibaba. Fischer: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht abgehängt werden.“ Frage aus dem Publikum: Wie viel Zeit haben wir denn noch, um dieser Entwicklung gegenzusteuern? Fischer: „Bestimmt keine zehn Jahre mehr!“ ag