Bürgerschaftswahl: Diese Harburger Kandidaten zittern um Posten

150216WahlauszaehlungHarburg – Gerade einmal die Hälfte der Stimmen ist ausgezählt, die Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft sind aber festgezurrt, nun geht es noch  ans Feintuning: Wer darf sich

jetzt fünf Jahre MdBü unter seinen Namen auf der Visitenkarte schreiben? Das entscheiden die Stimmen aus den Wahlkreisen. Sie werden heute ausgezählt.

Bei der CDU Harburg wurde gestern Abend schon mal gerechnet: In den 17 Wahlkreisen dürften es 15 CDU-Kandidaten direkt schaffen – in Eimsbüttel und den Elbvororten könnte es eventuell nicht klappen. Demnach würden fünf Kandidaten von der CDU-Landesliste in die Bürgerschaft kommen, für den Harburger DRK-Kreisgeschäftsführer Harald Krüger ist das fast aussichtslos. Er ist auf Platz zehn angetreten und muss etwas geahnt haben. Sein Abgeordnetenbüro hatte er schon vor Tagen ausgeräumt.

Die besten Chancen dürften André Trepoll und Birgit Stöver haben. Sie hatten auf eine Kandidatur auf der Landesliste verzichtet und waren nur in den Wahlkreisen 17 und 16 als jeweilige Spitzenkandidaten angetreten. Da beides sogenannte Dreier-Wahlkreise sind, also jeweils die drei Kandidaten mit den meisten Stimmen in die Bürgerschaft kommen, sollten sie es eigentlich geschafft haben.

Eine Weile zittern müssen wohl Frank Wiesner (SPD) und Dr. Kurt Duwe (FDP). Sie waren auf der Landesliste ihrer Parteien angetreten, allerdings auf Plätzen, die nach dem vorliegenden Wahlergebnis nicht unbedingt aussichtsreich sind – es sei denn, sie haben ein überdurchschnittlich gutes persönliches Stimmergebnis.

Darauf hofft auch Dr. Gudrun Schittek aus Cranz. Sie ist zwar auf der Landesliste ziemlich aussichtslos platziert, die „Duracell-Kandidatin“ – so wird die von ihren Parteifreunden wegen ihrer nicht ermüden wollenden Betriebsamkeit genannt – hofft darauf, den dritten Platz im Wahlkreis 17 zu ergattern. Das Opfer könnte nach ihrer Rechnung Matthias Czech (SPD) sein, der auf der Wahlkreisliste seiner Partei hinter Birgitta Schulz nur auf Platz 2 geführt wurde.

Wie auch immer: Für die Harburger Grünen ist jetzt der Traum in greifbare Nähe gerückt, den ihnen die Harburger SPD mit ihrer Entscheidung für eine GroKo in der Bezirksversammlung so überraschend und gründlich verhagelt hatte: der Traum von Rot-Grün. Auf Landesliste wird er jetzt wohl war, eine Hamburger GroKo droht nicht, es gibt ja neben der SPD keine Großen mehr, mit wem sollte sie also groß koalieren. Rot-Grün, das riecht auch nach dem einen oder anderen Posten, der die eigene Wichtigkeit ein wenig herausstreicht. Vorsorglich ließ sich auch Harburgs Baudezernent Jörg Penner in Begleitung der Harburger Fraktionschefin Britta Herrmann bei der zentralen Wahlparty im „Knust“ sehen. Es ist kein Geheimnis, dass sich Penner als Staatsrat durchaus wohl fühlen würde.

Für die Neuen Liberalen sind keine Posten in Sicht. Isabel Wiest, die in Harburg schon als „politische Senkrechtstarterin“ gefeierte Ex-Sprecherin der Bürgerinitiative Vogteistraße/Jägerstraße, hob nur wenige Millimeter ab und holte als Spitzenkandidatin der neuen Partei hamburgweit nicht mehr als 0,5 Prozent. Selbst im Wahllokal ihrer früheren BI-Aktivitäten kamen die Neuen Liberalen nur auf 1,5 Prozent. Sie hatten sicher mehr erwartet und müssen nun unter anderem erkennen, dass ein paar „Likes“  aus den eigenen Reihen bei Facebook noch keine 5-Prozent-Hürden überwinden. Die Arbeit der vier NL-Abgeordneten in der Bezirksversammlung wird nach diesem Wahlergebnis bestimmt nicht leichter. Die Legitimation dieser Fraktion ist brüchiger denn je.

Der Blick auf die Ergebnisse der einzelnen Wahllokale lässt noch keine gründliche Analyse zu. Auffallend ist aber, dass die AfD in den Wahllokalen Großmoordamm und Tempowerkring mit 25,5 und 16,6 Prozent ihre besten Ergebnisse holte. Rund um den Großmoordamm hatte der Senat Zentrale Erstaufnahme und mehrere Wohnunterkünfte für Flüchtlinge platziert. Und in Bostelbek ist eine Unterkunft im Bau. An beiden Standorten hatte es erhebliche Kommunikationsprobleme gegeben.

Auffallend ist aber auch, dass das gute AfD-Ergebnis am Großmoordamm fast ausschließlich zu Lasten der CDU ging. Die holte dort nur klägliche 4,2 Prozent. Den Siedlern von Wetternstraße, die ganz früh ihre Sorgen artikuliert hatten, war  immer wieder eine rechte Gesinnung vorgeworfen worden. Angeblich soll es in der Siedlung sogar einen „ganzen Haufen von Nazis“ geben. Am Wahlergebnis läst sich das nicht ausmachen. Im Wahllokal Großmoordamm bekam die NPD keine einzige Stimme. ag

Veröffentlicht 16. Februar 2015