Machtkampf in der SPD: Genossen wollen Jürgen Heimath stürzen

140602WieseHarburg –  Der Burgfrieden in der Harburger SPD hat nur zwei Monate gehalten. Eine Woche nach den Wahlen zur Bezirksversammlung, bei der

die Genossen ihre absolute Mehrheit einbüßten  und beim Stimmenanteil einen herben Verlust von knapp zehn Prozent einfuhren, ist der Machtkampf wieder voll entbrannt: Wenn am Donnerstag die neue Bezirksfraktion zum ersten Mal zusammenkommt, soll der Spitzenkandidat und langjährige Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath gestürzt werden. Dass das klappt und dass er selbst künftig die 20 SPD-Bezirksabgeordneten führt, darüber ist sich  Arend Wiese (Foto), Vorsitzender des mächtigen Distrikts Neugraben-Fischbek , ganz sicher: „Wir haben 12 bis 14 Stimmen zusammen. Das ist eine klare Mehrheit.“

Heimath hatte in den letzten drei Jahren das Kunststück fertiggebracht,  trotz einer Mehrheit von nur einer Stimme die Fraktion einigermaßen geschlossen zu halten – und dass, obwohl parteiintern, aber öffentlich deutlich vernehmbar, der Kreisvorsitzende Frank Richter und der Wilhelmsburger Bürgerschaftsabgeordnete Metin Hakverdi um die Nachfolge von Hans-Ulrich Klose als Bundestagabgeordneter für Harburg stritten. Und obwohl wenig später der Eißendorfer Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Czech Richter vom Thron des Kreischefs stürzen wollte. Zusätzliche Unruhe brachten die Nominierungen der Kandidaten für die Bezirksversammlung.

Für Schlagzeilen sorgten dabei immer wieder die „Fuß-Truppen“ – benannt nach Torsten Fuß dem umtriebigen Vorsitzenden des Distrikts Harburg-Ost. Nach einem Parteiordnungsverfahren hielt sich Fuß zwar zurück und überlegt sich jetzt sogar, ob er sich völlig aus der Politik zurückziehen soll: „Ich hatte bei der Bezirkswahl persönlich ein Bombemergebnis. Das reicht mir völlig.“ Um so mehr ziehen jetzt seine Mitstreiter aus der Führungscrew der Fuß-Truppen, Michael Ulrich, Muammer Kazanci und Matthias Czech, an den Strippen. Michael Ulrich, als Fraktionsvorsitzender, Kreischef und später auch als Bezirksamtsleiter unangefochtener Alpha-Rüde der Harburger SPD hat es bis heute nicht verschmerzt, dass er nicht mehr ganz vorn steht. Außerdem hatte er in geschäftlichen Dingen offenbar nicht immer eine glückliche Hand, trat schließlich – nach übereinstimmenden Aussagen mehrerer Zeugen aus dem Bezirksamt – als „Berater“ im umstrittenen Genehmigungsverfahren für den Hochzeitssaal in der Lauterbachstraße auf. Das bestreitet er allerdings bis heute und sieht sich – genau wie seinen Geschäftsfreund Martin Semir Çelik – als Opfer „einer Hexenjagd der Medien“.

Immerhin musste Çelik als Geschäftsführer des Hochzeitssalons zurücktreten, ein Bußgeldverfahren gegen ihn ist bis heute nicht abgeschlossen. Dass er damals mit großer Mehrheit aus der Fraktion ausgeschlossen worden war, hat ihm offenbar wenig geschadet. Jetzt soll er mithelfen, Jürgen Heimath, seinen Genossen aus dem Distrikt Harburg-Mitte, zu stürzen.

Neben Ulrich soll ein anderer ehemaliger Bezirksabgeordneter, der sich in den letzten Monaten gegenüber den Medien auffallend verschlossen gezeigt hatte, den Umsturz organisieren: Muammer Kazanci, von den Harburgerinnen und Harburgern gerade deutlich abgewählt, obwohl er auf Platz drei der Bezirksliste ganz aussichtsreich platziert war. Und auch Matthias Czech ist dabei: Vor Wochen noch begrüßte der Eißendorfer Distriktsvorsitzende in ein er Presseinfo jubelnd die Spitzenkandidatur von Jürgen Heimath, jetzt hat er auf einer gemeinsamen Berlin-Reise auf Kosten der Steuerzahler gemeinsam mit Hakverdi, Ulrich und Kazanci dessen Sturz festgezurrt und die mitgereisten Bezirksabgeordneten auf dem Machtwechsel eingeschworen. Ihre Leitziele: „Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit“.

Die Lichtgestalt des Machtwechsels soll Arend Wiese werden. Vor zwei Monaten war er noch Stellvertreter von Kreischef Frank Richter. Dann verzichtet er aber zu Gunsten von Matthias Czech auf eine erneute Kandidatur. Wiese stilisierte sich selbst als „Bauernopfer zum Wohle der Partei“. In der Bezirksversammlung trat er indes kaum in Erscheinung. Nur CDU-Kreischef Ralf-Dieter Fischer erinnert sich an einen Redebeitrag von Wiese: „Als es um ein paar Parkbänke im Elbmosaik ging, hat er sich zu Wort gemeldet.“ Wiese sei gegen das Aufstellen der Bänke gewesen, habe erst ein Gesamtkonzept für das Baugebiet gefordert. „Auf diesen Gegner freu ich mich ganz besonders“, sagt Fischer. Und er weist darauf hin, dass Wiese den Wahlkreis gegen einen Neuling von der CDU, nämlich Fischer Tochter Britt-Meike, verloren habe.

Jürgen  Heimath ist über die Pläne von Ulrich & Co. informiert. Arend Wiese hatte ihn am Sonnabend angerufen, heute Abend will Wiese mit Frank Richter sprechen. Dass Heimath sich über die Entwicklung nicht freuen kann, ist klar: „Ich bin mit großer Mehrheit als Spitzenkandidat nominiert worden. Was da jetzt passieren soll, ist für mich eine Täuschung der Wähler.“ ag