SPD-Kandidatenkür: "Politischer Nobody" gewinnt gegen Heimath

140107HeimathHarburg – Die „Fuß-Truppen“ haben ein neues prominentes Opfer gefunden: Bei der Kandidatenkür des SPD-Distrikts Harburg-Mitte für die Wahl

zur Bezirksversammlung im Mai ließen sie Jürgen Heimath über die Klinge springen. Der Fraktionsvorsitzende verlor im Kampf um Platz eins der Liste für den Wahlkreis Harburg/Neuland mit 11 zu 14 Stimmen gegen einen politischen Nobody. Martin Semir Çelik ist zwar Beisitzer im Distriktsvorstand und Mitglied des Haushaltsausschusses, öffentlich ist er bisher kaum in Erscheinung getreten.

Çelik hat allerdings einen entscheidenden Vorteil: Er gehört zu den Fuß-Truppen – also jenen Genossinnen und Genossen, die von Torsten Fuß und Michael Ulrich in aussichtsreiche Positionen geschoben werden, um die Machtübernahme im SPD-Kreis voranzutreiben.

Fuß und Ulrich – ein wahrhaft schillerndes Paar! Fuß, eigentlich Distriktsvorsitzender  Harburg-Ost, darf zurzeit nach einem Parteiordnungsverfahren keine Parteiämter ausüben. Warum, das ist nicht ganz klar. Da kann Fuß mit der Solidarität und der Verschwiegenheit seiner Parteifreunde rechnen. Es muss aber mindestens Extrem-Mobbing gegen eine Bezirksabgeordnete im Spiel gewesen sein.

Ulrich hatte in der Harburger SPD schon alle Führungspositionen inne: Er war Kreisvorsitzender, er war Fraktionsvorsitzender und er war auch Bezirksamtsleiter, der allerdings nicht wiedergewählt wurde. Danach versuchte er mit wechselndem Erfolg eine Karriere in der Wirtschaft, zuletzt tauchte er im Handelsregister unter anderem als Geschäftsführer der Brandenburger Gummiwerke (Recycling von Gummiabfällen durch Zerkleinerung und chemische Umwandlung im Land Brandenburg. Stammkapital: neun Euro) mit Sitz in Ulrichs damaliger Wohnung auf. 2008 soll er Privatinsolvenz angemeldet haben. So ist es zumindest in einer anonym versandten Mail zu lesen, mit der Gegner der Fuß-Truppen im Herbst diese unter Beschuss genommen hatten.

Die Brandenburger Gummiwerke haben 2012  ihren Namen (CAI Cesa Academy International UG) und ihren Geschäftsgegenstand (Ausbildung für kaufmännische Berufe und Qualifizierung für internationale Handelstätigkeiten) geändert. Neuer Geschäftsführer wurde laut Handelsregister Martin Semir Çelik, der jetzt als SPD-Spitzenkandidat im Wahlkreis Harburg/Neuland antritt. Çelik ist außerdem einer von zwei Geschäftsführern des Platinum Event Centers in der Lauterbachstraße, das unter anderem große türkische Hochzeiten organisiert. Michael Ulrich wiederum war im vergangen Jahr als Berater des Centers öffentlich in Erscheinung getreten.

Alles im Griff? Torsten Fuß freut sich über die Frage, lacht und sagt dann kurz und knapp: „Ja!“  Was die Kandidatenkür im Distrikt Harburg-Mitte angeht, scheint er Recht zu haben. Während im Herbert-Wehner-Haus über die einzelnen Plätze abgestimmt wurde, saßen die Strategen Fuß und Ulrich gegenüber im China-Restaurant Golden City und gaben Anweisungen. Die wurden dann per Boten in die SPD-Zentrale vermittelt.

Jürgen Heimath war gut beraten, nach seiner Niederlage gegen Çelik für keinen weiteren Platz zu kandidieren. Offenbar waren an diesem Abend zutiefst sozialdemokratische Tugenden wie Aufrichtigkeit, Solidarität und Anstand, die Heimath wie kaum ein anderer verkörpert, nicht gefragt. Obwohl der ehemalige Kripo-Beamte die gespaltene Fraktion in schwierigsten Zeiten zusammengehalten hat, ohne immer der begnadete Redner zu sein, zählt bei den Strategen des Machtwechsels wenig. Immerhin kündigte der Bürgerschaftsabgeordnete Matthias Czech (auch einer von den Fuß-Truppen) an, Heimath für einen aussichtsreichen Platz auf der Bezirksliste vorzuschlagen. Die wird allerdings erst Ende Februar aufgestellt – wenn Torsten Fuß wieder Parteiämter ausüben darf.

Auf Platz zwei wurde Bilata Suleiman gewählt, eine durchaus viel versprechende Kandidatin. Die gebürtige Syrierin hat Germanistik und Philosophie studiert, will jetzt promovieren und hat schon in Nordrhein-Westfalen politische Erfahrungen gesammelt. Die weiteren Plätze: Hakan Çan, Birte Gutzki-Heitmann, Aziz Aygün, Rainer Laugwitz und Sabrina Matthes. ag