Harburgs 13-Punkte-Programm für die Unterbringung von Flüchtlingen

ZEASchwarzenbergHarburg – Die Bezirksversammlung hat mit den Stimmen der Großen Koalition ein 13-Punkte-Programm für die Unterbringung von Flüchtlingen im

Bezirk Harburg beschlossen. Die Grünen enthielten sich der Stimme, Linke, Neue Liberale, AfD und FDP lehnten das Programm ab.

„Das war der große Wurf“, jubelt CDU-Kreischef Ralf-Dieter Fischer und es ist zu spüren, dass er sich am liebsten als Retter von Harburg feiern lassen würde. Gemeinsam mit GroKo-Partner SPD habe er bis zur letzten Minute mit den Fachbehörden und zuletzt auch mit Senatorin Melanie Leonhard „endlich einmal ernsthaft“ verhandelt.

Und das sind die 13 Punkte:

1. Die Einrichtung Aschenland II – bisher als 3000er-Dorf beschrieben – wird in zwei Bauabschnitten errichtet, die Zahl der Plätze wird von ursprünglich 3000 auf maximal 1400 reduziert. Davon unberührt bleiben die schon errichtete Folgeeinrichtung Aschenland I mit zurzeit 458 Personen und die Erstaufnahme im ehemaligen OBI-Baumarkt (700 Plätze) mit aktuell rund 350 Personen.

2. Die Erstaufnahme und die Folgeeinrichtungen in diesem Bereich sollen möglichst von einem Träger betrieben werden. Im Klartext: Das Deutsche Rote Kreuz betreibt schon die Erstaufnahme im OBI-Markt, soll also auch die Einrichtungen in der Nachbarschaft übernehmen.

3. Die Unterkunft Aschenland I ist auf fünf Jahre befristet, die große Unterkunft daneben, also Aschenland II, war bisher auf 15 Jahre befristet. Jetzt soll spätestens vor Ablauf von zehn Jahren geprüft werden, ob sie noch gebraucht wird. Eine Beendigung nach spätestens zehn Jahren wird angestrebt.

4. Sollte der Bedarf an Plätzen in den Hamburger  Erstaufnahmen eines Tages rückläufig sein, sollen zunächst die Einrichtung im OBI-Markt und die auf dem Schwarzenberg aufgelöst werden.

5. Sollte auf die Erstaufnahme im OBI-Markt verzichtet werden, soll geprüft werden, ob geplante Gemeinschaftseinrichtungen aus der Unterkunft Aschenland II dorthin verlagert werden können. Vorteil: Der Flächenbedarf im Neubauquartier Vogelkamp wird reduziert.

6. Dem Antrag des Landesbetriebs Erziehung und Beratung, die Unterkunft Cuxhavener Straße 186a von einer Erstaufnahme für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in eine Betreuungseinrichtung für ehemals minderjährige Flüchtlinge umzuwandeln, wird widersprochen. Stattdessen soll eine normale Folgeeinrichtung mit rund 60 Plätzen entstehen.

7. In Hausbruch und Neugraben-Fischbek soll es keine weiteren Unterkünfte für Flüchtlinge geben. Vor allem wird die bisher geplante Waldfrieden-Wiese am Ende des Falkenbergwegs dauerhaft zurückgestellt.

8. Trotz aller Ankündigungen der CDU, keinen weiteren Unterkünften im Bezirk zuzustimmen, gibt es jetzt das Okay für Folgeeinrichtungen am Sinstorfer Kirchweg (mit weniger Plätzen als geplant) sowie am Rönneburger Stieg und an der Elfenwiese – als Ersatz für den Leuchtkäferweg.

9. Die GroKo schlägt vor, Hafenflächen, die unter Verwaltung von Hamburg Port Authority stehen, auf ihre Eignung als Standort für Flüchtlingsunterkünfte zu prüfen. Das gelte auch für das Hafenerweiterungsgebiet.

10. Die Stadt Hamburg soll verstärkt mit dem Umland über die Anmietung von Unterbringungsmöglichkeiten verhandeln.

11. Wenn in Hamburg eines Tages auf Unterkünfte verzichtet werden kann, müsse Harburg „ausgewogen berücksichtigt“ werden.

12. Dem Bauantrag für die Unterkunft Aschenland I wird zugestimmt, auch wenn dazu einige Befreiungen vom gültigen Planrecht nötig sind.

13. Das im September 2015 beschlossene 23-Punkte-Programm für die Folgeinrichtung Aschenland II, in dem unter anderem Gemeinschaftseinrichtungen im Umfeld und in der Unterkunft selbst, eingefordert werden, bleibt unverändert bestehen.

Es lässt ich nicht verhehlen: Über das 13-Punkte-Programm kann sich die CDU die Hände reiben. Ihr mächtiger Chef Ralf-Dieter Fischer hat seinen Beritt Süderelbe „bereinigt“. So hat er verhindert, dass die Unterkunft für jugendliche Flüchtlinge an der „Cuxe“ weitergeführt wird, 60 „normale“ Flüchtlinge sind in den Augen der CDU leichter zu verkraften, außerdem ist mit dieser Mini-Unterkunft der Stadtteil Hausbruch „versorgt“, niemand kann jetzt eine weitere Unterkunft dort fordern.

Sein größter Coup aber: Die Waldfriedenwiese, gelegentlich gemäß ihrer Nutzung auch Hundewiese genannt, ist gerettet. Und schon bedankt sich die Initiative „Rettet den Waldfrieden“  auf Facebook bei Ralf-Dieter Fischer und seinem Fraktionskollegen Dr. Hanno Hintze für deren Einsatz.

Auch der zuletzt leicht angeschlagene „König von Marmstorf“ kann sich bei seinen Wählern wieder sehen lassen. Dass die Unterkunft Leuchtkäferweg vom Tisch ist, wird man Rainer Bliefernicht danken.

Bei der Opposition in der Bezirksversammlung bleiben Fragen. Carsten Schuster von der FDP wundert sich zum Beispiel, warum den Standorten Elfenwiese und Rönneburge Stieg zugestimmt wird – ohne dass es vorher eine Anhörung gegeben hat, auf die sonst so großer Wert gelegt wird.

Britta Herrmann von den Grünen kritisiert dagegen, dass das 13-Punkte-Programm extrem kurzfristig vorgelegt wurde, eine ernsthafte Prüfung sei gar nicht möglich gewesen. Außerdem fragt sie sich, warum die Standorte Elfenwiese und Rönneburger Stieg ohne jegliche Begründung bestätigt worden sind, die Waldfriedenwiese dagegen ohne jegliche Begründung abgelehnt worden ist. Die Begründung für die Waldfriedenwiese lieferte ihr vermeintlicher Retter Fischer schnell nach: „Weil die Initiative das immer gefordert hat.“ Mit anderen Worten: Kommen nur deshalb Unterkünfte auf die Elfenweise und an den Rönneburger Stieg, weil sich dort keiner gewehrt hat? Wenn sie es doch nur früher gewusst hätten.... ag