Bürgerinitiative mit klarer Forderung bei Sozialsenatorin

LeonhardNeugraben – In 400 Worten, geschickt als „schriftliches Angebot“ formuliert, hat die Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek gegenüber Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard (Foto)

ihre Forderung nach einem Abrücken vom Konzept einer Mega-Unterkunft für mehr als 4000 Flüchtlinge bekräftigt. Die Initiative plädiert für maximal 1500 Flüchtlinge im Stadtteil. Das Gespräch dauerte etwa eine Stunde. Vorher war die Abordnung bei Bezirksamtsleiter Thomas Völsch gewesen. Bis zum Jahresende erwartet die Bürgerinitiative eine Antwort.

Die Chance, dass die Initiativ erfolgreich ist, tendiert gegen Null. Die Ausschreibung für den Betrieb der Einrichtung soll in kürze beginnen. Die Fertigteile für die Holzgebäude  sind bestellt. Die Erschließungsarbeiten stehen kurz vor dem Abschluss. „Ein Nachgeben ist auch nicht möglich, weil man dann in anderen Stadtteilen so verfahren müsste“, sagt ein Insider. „Damit wäre das Konzept größerer Unterkünfte vom Tisch.“ Die werden aber dringend gebraucht. Im kommenden Jahr muss die Zahl der Plätze für Flüchtlinge deutlich erhöht werden. Schon ohne den Verzicht auf Groß0unterkünfte sucht man nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten. In Harburg, so verlautete aus gut informierten Kreisen, sollen unter anderem zwei Tennishallen in Sinstorf und das ehemalige Phoenix-Verwaltungsgebäude im Gespräch sein. zv

Der Wortlaut des "schriftlichen Angebotes":

Wir bieten dem Hamburger Senat und damit dem Gemeinwohl der Freien und Hansestadt Hamburg an, in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise eine verantwortliche Rolle einzunehmen. Den Bürgerinnen und Bürgern Neugraben-Fischbeks ist daran gelegen, den geflüchteten Menschen, die unsere Stadt erreichen, eine neue Lebensperspektive zu ermöglichen. Gleichwohl sind die für das primäre Ziel einer Integration verfügbaren Kräfte endlich. Ausgehend von der Einwohnerzahl, dem unumstößlich wichtigsten Faktor, und der daraus abgeleiteten Integrationskraft, bieten wir an, in unserem Stadtteil 1500 Flüchtlinge in Folgeunterbringungen zu beherbergen und die Integrationsarbeit aktiv zu unterstützen. Die Unterbringung von Flüchtlingen, in der von uns angebotenen Größenordnung, ist eine außerordentliche Herausforderung, die die Aufgaben aus vergangenen Flüchtlingswellen für unseren Stadtteil um das Fünffache übersteigt. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat in ihrer Geschichte stets das Solidarprinzip bei der Bewältigung von Krisen angewendet. Ausgehend von unserem Angebot und über das Verhältnis der Bevölkerung hochgerechnet, können die angestrebten Unterbringungsplätze für die gesamte Stadt sogar wesentlich über 80.000 Menschen liegen. Wir sind bereit mit den zuständigen Behörden ein für ganz Hamburg beispielhaftes und erfolgsorientiertes Integrationsprojekt aufzusetzen. Eine damit verbundene positive Grundstimmung und eine gemeinsame, geteilte Verantwortung aller Bürger dieser Stadt können die Stimmung in der Hamburger Flüchtlingspolitik zum Besseren wenden. Die bisher beschlossenen, konzeptionellen Ansätze müssen revidiert werden. Diese enthalten einen entscheidenden Fehler; in dieser hochgradig menschlichen Thematik beziehen sie den Faktor Bürger nicht mit ein! Dieser Zustand wird weder von den Neugraben-Fischbekern noch von unseren Mitstreitern in der gesamten Stadt hingenommen. Der politische Irrglaube, bei der Errichtung von Großunterbringungen mit bis zu 4000 Plätzen, durch öffentliche Infrastrukturmaßnahmen die Risiken von Ghettoisierungen vermeiden zu können, ist wissenschaftlich mehrfach widerlegt. Wir fordern die Senatorin der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration, Frau Dr. Melanie Leonhard auf, unser Angebot und den damit verbundenen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik zu prüfen, die politischen Gremien hierüber zu informieren und bis zum 31.12.2015 eine schriftliche Antwort zu veröffentlichen. Wir erwarten nach hanseatischer Tradition eine klare und unmissverständliche Antwort. Wir müssen an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir uns, bei Ablehnung dieses Angebotes, weitere politische Maßnahmen vorbehalten. Entscheiden Sie und Ihre politischen Gremien bitte sorgfältig, welchen Weg sie einschlagen möchten. Nicht nur für die Bürger, die Sie vertreten, sondern auch für die vielen Flüchtlinge, die jetzt unser aller Hilfe am dringendsten benötigen. Nehmen Sie Ihre Pflicht wahr und setzen Sie sich für die Rechte Ihrer Bürger ein, damit zügig ein konstruktiver Prozess der Integration in die Wege geleitet werden kann.

 

Veröffentlicht 16. Dezember 2015